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Sitten ihr unterwerfen müssen, dergestalt, daß sie solche nach ihrer Fantasie bald sanfter bald wilder macht, und ihnen mir einer der Zauberkraft der Circe ähnlichen Macht, bald diese bald jene Gestalt zu geben weiß.

Die gelehrte Republick, die durchaus keinen Oberherrn vertragen kann, muß gleichwohl die Gesetze derselben eben so wohl als das schöne Geschlecht verehren, und je weniger die Gelehrten Gesetze erkennen wollen, desto nachdrücklicher verlangt sie die Befolgung derselben. Ein Mädchen das sich wider die Mode auflehnet, wird belacht; ein Gelehrter, der ihre Gesetze verachtet, hat Leib- und Lebensgefahr deswegen zu besorgen. Wenn Doris in dem Nachtzeuge ihrer Aeltermutter erscheinen wollte, so würden sie höchstens nur die Kinder auf der Gasse auszischen; wenn aber ein Gelehrter die aus der Mode gekommenen Lehrsätze der alten Ketzer oder der Platonischen Philosophen wieder wollte aufleben lassen, und in Activität setzen, so würde man ihn steinigen.

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Johann Karl August Musäus: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N *** in Briefen entworfen. Band 3. Michael Gottlieb Griesbach, Eisenach 1762, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grandison_der_Zweite_3.pdf/170&oldid=- (Version vom 1.8.2018)