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Die ganze Stube gieng mit mir herum. Ich dachte, ich müßte vom Stuhle sinken. Schrecken und Verdruß über die alberne Frage meiner boßhaften Stiefmutter[WS 1] setzten mich ganz außer mich. Die Furcht, den verhaßten Brief noch einmal zu hören, erhielt mir noch das Vermögen zu reden.

Haben Sie die Gewogenheit gnädiger Papa, sich die Mühe zu ersparen, den Brief mir vorzulesen, ich habe schon so viel daraus verstanden, als ich wissen soll. Ich bin versichert, Sie werden ihn, nebst der gnädigen Mama, als einen Scherz annehmen. Der Herr v. N – – hat seit einiger Zeit viele scherzhafte Ausschweifungen begangen; in diesem Schreiben scheint er sie am weitesten getrieben zu haben.

Nein, nein, meine Tochter, du irrest dich, es ist des Herrn von N. sein wahrer Ernst. Er hat schon neulich bei mir mündlich um dich angehalten; ich trauete ihm aber nicht, und dachte, der verliebte Anfall würde bald wieder überhin gehen. Ich rieth ihm, er sollte

  1. Vorlage: Siefmutter
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Johann Karl August Musäus: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N *** in Briefen entworfen. Band 1. Michael Gottlieb Griesbach, Eisenach 1760, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grandison_der_Zweite_1.pdf/232&oldid=- (Version vom 1.8.2018)