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er sich wieder in die Höhle und holte sich eine zweite Auflage des vorigen Geschenks. Weil nun aber der Knabe gar zu oft bei dem Kaufmann Näschereien kaufte und stets in blanken Thalern bezahlte, schöpfte derselbe Verdacht, das Geld sei gestohlen, und theilte seine Wahrnehmung dem Vater des Knaben mit. Da dieser nun recht gut wußte, daß sein Sohn nicht Pfennige, geschweige denn Thaler haben könne, so suchte er erst durch Drohungen herauszubringen, wo das Geld her sei, und als der Knabe es nicht gestehen wollte, prügelte er ihn so lange auf’s Unbarmherzigste, bis derselbe Alles gestand, aber auch hinzusetzte, daß ihm gewiß sein Brod gebacken sei, weil er das graue Männchen verrathen habe. Und so geschah es auch, denn als der Hirt am andern Morgen seinen Sohn, der ihm zu lange zu schlafen schien, aufwecken wollte, war er todt, der Böse hatte ihm den Hals umgedreht.


581) Der Getreideschneider im Erzgebirge.
S. Spieß, Aberglauben, Sitten und Gebräuche im Sächs. Obererzgebirge. Dresden 1862. 4. S. 14. fg.

Am Johannistage in der sechsten Stunde kommt der sogenannte Getreideschneider[1] auf die Felder und schneidet über die Ecke eines Stückes Getreide durch und hat dann, wenn der Bauer drischt, den halben Nutzen davon. Um diesem vorzubeugen, nimmt der Bauer Liebstöckelöl (Oel aus levisticum officinale) und macht, nachdem er den Finger in


  1. Im Baierischen Voigtlande heißt er der Billmetschneider, der in Folge des Bundes mit dem Bösen die Frucht des Feldes, welches er umschreitet, in seine Scheuer zaubert (S. Morgenblatt 1860. Nr. 31, Panzer, Beitr. z. deutschen Myth. Bd. II. S. 535). In Thüringen und Franken wird er der Binsenschnitter genannt, er macht fußbreite Wege durch die Getreidefelder, indem er kleine Sicheln an den Füßen hat, und die Leute, bei denen er geschnitten hat, kommen nie zu Vorrath (S. Wuttke, der deutsche Volksaberglaube d. Gegenwart § 394 S. 250, Simrock, deutsche Myth. II. A. Berlin 1869. S. 421 fgg. Rochholz, Naturmythen. Lpzg. 1862. S. 30–32. 234. 29. 132.
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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 522. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_522.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)