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gegeben, darüber er alsbald gestorben. Zuvor aber hat Unger das Messer wieder herausgezogen und den Fröhlich wieder gestochen, doch hat sich dieser auf die Flucht begeben. Hernach ist über ihn auf dem Markte öffentlich Halsgericht gehalten, und damit diese schreckliche That den Nachkommen im Gedächtniß bleiben möge, 2 Messer in einen Stein gehauen, und solcher an der Ecke der Brodbänke, wo früher der hölzerne Esel stand, aufgerichtet worden.


536) Das Kreuz und der Kelch zu Wolkenstein.
Lehmann, Obererzgeb. Schauplatz S. 54 sq. Kreyssig, Beitr. zur sächs. Gesch. Bd. III. S. 398. Bechstein, Deutsches Sagenbuch S. 520. Ziehnert Bd. III. S. 183.

In der Mitte einer 100 Ellen hohen, steilen Felsenwand, welche sich an der Zschopau erhebt und das Schloß Wolkenstein trägt, ist ein Kreuz und ein Kelch in den Stein gehauen. Diese Wahrzeichen sollen daran erinnern, daß im Jahre 1428 die Hussiten, welche hierher gekommen waren, einen katholischen Priester, der obwohl von ihnen mit dem Tode bedroht, gleichwohl seinen Glauben nicht abschwören wollte, bis an den Rand der steilen Felswand schleppten und ihn dort hinabstießen, von wo er in die Zschopau zerschmettert herabstürzte.


537) Die weiße Frau zu Scharfenstein.
Ziehnert Bd. III. S. 182.

Auf dem Schlosse Scharfenstein im Wolkensteiner Amt geht seit Jahrhunderten eine weiße Frau um. Mit dem zwölften Glockenschlag Nachts wird sie rege, wandelt in lange, weiße, nebeldünne Gewänder gehüllt durch alle Gemächer des Schlosses, bleibt bisweilen stehen und seufzt, und ist überhaupt traurig. Oft hat man gewagt sie anzureden, aber nie hat sie Antwort gegeben, sondern ist immer sogleich entflohen. Sie muß eine schwere Sünde begangen haben,

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 479. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_479.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)