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er nach dem gegenüberliegenden Ufer, wo seine Braut auf ihn wartete, als sie aber zurückfuhren, schienen plötzlich die Wogen in sich selbst aufzukochen, er vermochte den schwankenden Kahn nicht im Gleichgewicht zu erhalten, derselbe schlug um und ob er gleich seine Geliebte ergriff und sie durch Schwimmen ans jenseitige Ufer zu retten versuchte, unsichtbare Hände entrissen sie ihm, er konnte sie nicht über dem Wasser erhalten, sie versank, ihn trugen aber die Wellen nach der Fischerwohnung zurück. Er verließ die Gegend nicht wieder, sondern baute sich im nahen Walde eine Hütte, wo er fortan als Einsiedler lebte und seine Tage am Ufer des Sees verbrachte, der ihm sein Theuerstes geraubt hatte. Einst fanden ihn die Fischersleute todt auf dem See schwimmend, wie er dahin gekommen, wußte Niemand. Man begrub ihn am Ufer und setzte ihm ein Kreuzlein mit seinem Namen. Längst ist dasselbe verschwunden, der See hat einen Abzug ins Thal gefunden, aber der Berg, wo einst seine Klause stand, trägt von ihm heute noch den Namen: „Der Otte(n)stein.“


521) Die Todtenhand zu Buchholz.
Poetisch bearbeitet von Ziehnert Bd. III. S. 35 sq.

Als im Jahre 1730 der Todtengräber auf dem Kirchhofe zu Buchholz ein Grab graben wollte, fand er im Sande eine noch ganz unverwesete Todtenhand, der aber der Gold- und kleine Finger wie weggehackt waren. Er zeigte dieselbe dem Pastor Melzer daselbst und dieser schlug nun im Kirchenbuche nach, wem dieselbe gehört haben möge, da er sich erinnerte, daß schon am 14. Juni des Jahres 1704 ihm von dem damaligen Todtengräber dieselbe Meldung gemacht worden sei, er aber demselben den Bescheid gegeben, die Hand wieder einzuscharren, weil sie wahrscheinlich an einer Wasserkluft gelegen und deshalb nicht habe verwesen können. Jetzt fand sich’s, daß die Hand dem im Jahre 1669 begrabenen Sohne des Stadtrichters von Buchholz, Andreas Müller, gehörte,

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 463. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_463.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)