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hört ein starkes Jägergeschrei und gewöhnlich den Ruf: Hu! hu! hu! So reiste zu Ende des 17. Jahrhunderts ein alter Geistlicher von Wiesenthal, Namens David Ryhl, nach Annaberg durch einen dicken Wald, und es erhob sich mitten im Walde ein ungemein lauter Jägerlärm, um welche Zeit doch kein Arbeiter noch Jäger auf dem Felde zu finden war. Der Fuhrmann besann sich bald darauf und sagte: „Herr, es ist das wüthende Heer, wir wollen in Gottes Namen fahren, es kann uns nicht schaden.“

Eines Tags sind noch in diesem Jahrhundert zwei Brüder, Spitzenhändler, in der Schneeberger Gegend auf der Straße von Stangengrün nach Hirschfeld geritten, da haben sie plötzlich am hellerlichten Tage auf freiem Felde das laute Hohoschreien des wilden Jägers gehört, aber ihn selbst nichts gesehen, nur unter ihren Pferden, die sich furchtbar gebäumt, sind eine Menge kleiner Dachshunde herumgelaufen, ohne daß sie jedoch einen derselben hätten von den Pferden treten sehen, und plötzlich ist Alles wieder verschwunden gewesen.

Manchmal hört der Wanderer, wenn er in dem obern Erzgebirge durch die einsamen Wälder und Felder geht, immer etwas theils im Gebüsch, theils im Korne neben sich hergehen, gerade wie wenn ein großes Thier, eine alte Kuh das Getreide niedertritt, gleichwohl sieht er nichts, und man schreibt auch diesen Ton dem wilden Heere zu.

Einstmals ist im Dorfe Steinpleiß die ganze wilde Jagd mit Hundegebell, Peitschenknall und Jagdgeschrei um Mitternacht mitten durch den Hof des Richters gegangen.

Ein anderes Mal ritt ein beherzter Mann ganz allein in der Abenddämmerung nicht weit von Annaberg auf der gewöhnlichen Heerstraße, da sah er einen alten Bergmann vor sich hergehen. Als er an ihn herankam, bot er ihm einen guten Abend, erhielt aber keine Antwort, ebenso wenig auf die Wiederholung des Grußes, und da er etwas hitzig war, schrie er: „ei so soll Dich Grobian gleich der Teufel –!“ und zog ihm eins mit der Reitgerte über. Aber siehe auf einmal wußte er nicht mehr wo er war, er ritt bis in die

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 429. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_429.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)