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eine andere Lage bringen wolle, der werde dafür schwer von demselben gezüchtigt. Da diente um diese Zeit auf dem Hofe ein Knecht, der sich vor dem Teufel nicht fürchtete und einst in seiner Vermessenheit sich gegen seine Mitdiener rühmte, er wolle doch sehen, ob ihm etwas geschehen werde, wenn er sich an dem Stuhle vergreife. Darauf ging er also hinauf, schob den Stuhl weg und gab dem alten Männchen einen Backenstreich, allein die Strafe blieb nicht aus, denn noch in derselben Nacht legte sich dasselbe im Bette auf ihn als schwerer Alp und drückte ihn, bis es Tag wurde, in der nächsten Nacht litt es ihn ebenso wenig und in der dritten warf es ihn gar aus dem Bette heraus. Nun ward er zwar ängstlich, rückte auch den Stuhl wieder an seinen alten Platz, allein der Geist war auf immer seiner alten Wohnung abhold, denn er zog auf und davon, in den darauf folgenden Tagen brannte das ganze Rittergut ab, und so viel man sich auch Mühe gab, den Stuhl und das Männchen zu retten, das einstürzende Dach begrub es unter seinen Trümmern und als man dieselben abräumte, war nichts mehr von ihnen übrig.


496) Der Jungferngrund bei Wiesenthal.
A. Flader, Wiesenthälisches Ehrengedächtniß. Waldenb. 1719. 8. S. 31.

Dieser Grund am Fichtelberge soll seinen Namen von zwei Jungfern haben, welche sich oftmals im Neumonde sehen lassen. Es sind Schwestern, die eine spielt auf der Laute und die andere windet einen Kranz, wer sie aber eigentlich sind, weiß Niemand.

Den Wiesenthalern dient der Grund auch als Wetterprophet, denn wenn der Himmel über demselben hell ist, so wird – ob es auch sonst allenthalben trübe ist – zuverlässig schönes Wetter, wenn aber der Jungferngrund voll Nebel ist, so sagt man: „die Jungfern trocknen ihre Wäsche!“ und dann folgt kalte oder nasse Witterung.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 427. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_427.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)