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ihm hatte. Bei solcher ihm unvermuthet vorgefallenen Veränderung nahm er sein Beschwörungsbuch, zerriß es heimlich und verbrannte alle dahin gehörigen Sachen. Endlich bekannte er in der größten Herzensangst und Bangigkeit Alles, was er begangen, bekehrte sich von Herzen und ward schließlich auch durch den damaligen Superintendenten zum Nachtmahl zugelassen.[1]


454) Der Spiritus Familiaris in Leipzig.
S. Monatl. Unterred. v. Reiche d. Geister. Bd. I. S. 738.

Zu Anfange des vorigen Jahrhunderts lebte in Leipzig ein Mann, dem man den Beinamen Scheide-Wasser-Hans gegeben hatte, weil er sich gewöhnlich bei den Kupferstechern aufzuhalten und dort seinen Unterhalt durch Dienste, welche er denselben leistete, zu finden pflegte. Dieser kam nun eines Tages zu einem gewissen Künstler, der lange Jahre darüber nachgesonnen hatte, wie er den Namen eines Adepten mit rechtem Grunde erlangen möchte, und weil er nach dem gewöhnlichen Sprichworte die theure Venus wenig achtete, wenn er nur den lieben Vulcanus zu seinem gewissen Schwager haben konnte, so machte er besagten Hans zu seinem Handlanger oder vielmehr zu einer Mißgeburt von einer Vestalischen Jungfrau, damit er ihm sein Feuer beständig in Brand erhalten möchte. Eines Tages mußte besagter Künstler wegen dringender Geschäfte sein Laboratorium verlassen, da er eben eine gewisse Materie in einer wohl lutirten Phiole auf dem Sandfeuer hatte, beim Hinweggehen aber sagte er zu seinem getreuen Feuer-Achates: „Hans, gieb wohl Acht auf das Feuer und fürchte Dich nicht, wenn Dich etwas im Laboratorio besuchen sollte, indem es Dir keinen Schaden thun kann.“ Dieser wußte nicht was er hierauf für eine Antwort geben sollte, blieb aber, dem Befehle seines Principals


  1. Diese Sage hat Bechstein, Deutsches Sagenbuch. Lpzg. 1853. S. 507 modernisirt behandelt.
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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 394. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_394.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)