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430) Die heilige Brücke bei Leipzig.
Mündlich. Novellist. beh. v. F. Backhaus, die Sagen der Stadt Leipzig. Lpzg. 1844. 8. S. 1 sq.

Auf der von Leipzig nach dem Dorfe Lindenau führenden Straße muß man über eine Brücke gehen, welche über die Elster führt und die Wiesen jenseits und diesseits des sogenannten Kuh- oder Kukthurmes verbindet. Der Name soll daher rühren, daß an dieser Stelle des Flusses einst eine Schwester für die andere in heldenmüthiger Aufopferung ihr Leben ließ. Die Eine war nämlich aus dem Leipziger Nonnenkloster, welches sich früher in der Nähe der heutigen Nonnenmühle befand, mit Hilfe eines Liebhabers entflohen und an ihrer Stelle ihre ihr täuschend ähnliche Schwester ergriffen worden. Diese klärte jedoch absichtlich die vorgefallene Täuschung nicht auf, sondern blieb bis zu dem Augenblick, wo sie zur Strafe für ihre Flucht aus den geweihten Mauern ertränkt wurde, der angenommenen Maske treu. Erst mehrere Wochen nach ihrer unschuldigen Hinrichtung fand man eines Tages den Leichnam der wirklichen Nonne und erkannte nun erst, daß man eine Unschuldige getödtet hatte. Man vereinigte beide Körper in einem Grabe; obgleich aber von diesem nichts mehr zu sehen ist, hat man doch den Namen, welchen das Volk jener edlen That wegen der Brücke beilegte, beibehalten.


431) Das Ritterloch bei Leipzig.
Mündlich. Novell. beh. v. Backhaus a. a. O. S. 37 sq.

Da wo sich die von Schleußig kommende Elster in zwei Arme theilt, von denen der eine nach Lindenau, der andere nach Leipzig zu strömt, befindet sich eine Stelle, welche von den Fischern das Ritterloch genannt wird. Es sollen nämlich zu Ende des 15. Jahrh. einmal zwei junge Edelleute, welche zu Leipzig studirten und ursprünglich durch die eifrigste

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 374. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_374.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)