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her steht), das sogenannte Poenitere oder Pöntermännel. Es war dieses ein steinernes Männchen, in einen Trauersack gehüllt und sich in den Kopf kratzend, als bereue es etwas oder als sei ihm etwas mißglückt.[1] Am 8. Juni 1637 ward jedoch das Leiterhäuschen abgebrochen und das Bild weggetragen, man weiß jetzt nicht mehr wohin (abgeb. b. Vogel, Chronik v. Leipzig S. 122).


402) Der Blechschmidt’sche Leichenstein.

Als eins der Leipziger Wahrzeichen[2] betrachtet man seit dem vorigen Jahrhundert den leider von der Witterung sehr beschädigten, jetzt an der Südseite der Johanniskirche aufgestellten Leichenstein des Kaufmanns Felix Adam Blechschmidt, den ihm sein Bruder und Socius Christoph Blechschmidt setzen ließ. Derselbe trägt die wunderliche, jetzt freilich kaum noch zu entziffernde Inschrift:

Capital. Conto. Für des Christus unschätzbares Lösegeld und Ranzion Conto 100,000. Gewinn und Verlust. An glückseeligen Sterbe-Gewinn wohlgestorben ist der beste Gewinn. 100,000. Anno 1667 den 7. April in Scheibenberg. Auf J. A. Blechmidt’s bestimmten Sterbetag Anno 1700 den 21. October gelobe ich, dass Jesus Christus Selbst bürge zu bezahlen diesen meinen Solawechsel-Brief an denselben, den Werth hab’ ich selbsten verdient,


  1. Nach Schäfer’s Wahrz. Bd. I. Seite 14 fl. ist es aber das Bild einer zum Tode des Säckens verurtheilten Person, der die Hände über’s Kreuz zusammengebunden sind, während der untere Theil des Körpers von einem Sacke fest umschlossen ist.
  2. Jedenfalls ist dieser Leichenstein harmloser als eine Steinplatte welche unmittelbar an der Schwelle der Eintrittsthüre in die Johanniskirche querüber in den Fußboden eingefügt ist. Von dieser erzählte sich sonst das Volk, sie decke die Asche eines frühern (Anfang dieses Jhrts.) Leipziger Kaufmanns, Namens W., der zur ewigen Strafe dafür, daß er mit einer Kuh unnatürliche Unzucht getrieben, sich nach seinem Tode dort habe müssen begraben lassen, auf daß Jedermann, der in die Kirche gehe, ihn mit Füßen trete.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 350. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_350.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)