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316) Der alte Jungfernteich bei Grimma.
Mündlich.

Wenn man bei dem früheren Spitale zu St. Georg vorbei die Straße nach dem Dorfe Neunitz geht, erblickt man der Ziegelscheune ziemlich schräg über einen kleinen Teich oder Tümpel: in diesem sollen die Seelen aller Grimmaischen Mädchen, die unverehelicht gestorben sind, gebannt sein, nachdem sie in Unken verwandelt wurden, an denen der Teich sehr reich ist, des Nachts aber sollen sie in der Nähe des Orts als Geister herumschweifen. Darum heißt dieser Teich der alte Jungfernteich.


317) Die Sage von dem Abendmahlskelche in der Klosterkirche zu Grimma.

Mündlich. Die frühern Mittheilungen über diese Sage hat Lorenz, Chronik v. Grimma. Bd. I. (Lpzg. 1856) S. 58 fgg. zusammengestellt, er zweifelt aber ohne Grund an der Wahrheit der Sage.

Zwischen dem später in die jetzige Landesschule verwandelten Augustinerkloster zu Grimma und dem durch die Flucht der Katharina von Bora berühmt gewordenen Nonnenkloster zu Nimptschen[1] hat in früherer Zeit eine Verbindung durch einen unterirdischen unter der Mulde hinführenden Gang[2]


  1. In der dortigen Gegend existirt ein Sprichwort: mach’s wie die Nonnen zu Nimptschen, d.h. reiße aus.
  2. Dergleichen unterirdische Gänge haben sonst viele in alten Klöstern existirt, z.B. in dem Benedictinerkloster Bosau bei Zeitz, in dem Benedictinerkloster zu Saalfeld auf dem Petersberge, in dem Nonnenkloster zu Langensalza, in dem Kloster Altenzelle bei Nossen etc. S. Puramandus, Hist. Nachr. von denen in alten Kirchen und Klöstern im Schooße der Erden verborgen liegenden, güldenen silbernen und Edelgesteinen Schätzen – ingleichen von denen bei vielen Klöstern befindlichen unterirdischen Gängen und Gewölben etc. St. I. Frankf. u. Jena 1731. 8. Variamandus, Histor. Nachr. von unterirdischen Schätzen etc. Frankf. u. Leipz. 1738. 8. S. 52. sq. 65. 73. Histor. Schauplatz sehr merkw. Gesch. v. unterirdischen Schätzen. Hannover 1747. 8. S. 28. sq. C. E. F. Neue Samml. merkw. Gesch. von unterirdischen Schätzen, Höhlen und Gängen. Bresl. u. Lpzg. 1756. S. 257. sq.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_280.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)