Erklärung die ist, sie sollten bezeichnen, daß hier die Gerichtsbarkeit der Stadt aufhöre und die des Amtes angehe. In der Strehlaischen Vorstadt vor dem Sonntag’schen Vorwerk standen sonst ebenfalls drei solcher Kreuze zum Merkmal, daß früher hier das Hochgericht war.
Bei Schmannewitz, einem zu Dahlen bei Oschatz gehörigen Dorfe, das seinen Namen von dem dort in einem heiligen Haine von den Daleminziern verehrten Gott Schwantewit empfing, befindet sich ein Teich, der Mordteich genannt, wo einige Jungfrauen, die ihre Unschuld sich nicht hatten rauben lassen, ermordet worden waren und heute noch umgehen sollen. Dadurch, daß jeder Vorübergehende ein Reis auf ihre Grabstätte warf, schreibt sich die bedeutende Erhöhung des Bodens.
Als Wahrzeichen der Stadt Döbeln an der Mulde nennt man zwei steinerne Köpfe, welche man aus dem zweiten Stock des ersten Hauses an der Stadtmauer zur rechten Hand des Oberthores, wenn man über die Brücke herein kommt, hervorragen sieht. Der eine von ihnen schaut mit dicken Backen und fröhlichem Gesicht über den Zwinger und die Mulde auf die Oberbrücke und lacht gleichsam das ihm entgegenkommende Volk an, der andere aber sieht innerhalb der Mauer und Stadt gegen Mittag im Winkel, ein wenig hinter dem Thorthurm mit seitwärts gebogenem betrübten, niedergedrückten Gesichte, und hat beide Hände auf dem Haupte, als wollte er darin kratzen oder sich die Haare ausraufen. Die Entstehung dieses Denkmals soll aber folgende sein. Zwei Brüder waren Erben zu diesem Hause und wurden eins, darüber zu
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_272.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)