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von Tiefenau liegende öde, sumpfige Waldstelle, das Teufelsnest, weil sich der Teufel aus Aerger dorthin zurückgezogen und hier seinen Wohnsitz aufgeschlagen haben soll; er hat aber der Müllerfamilie, die fromm und gut blieb, niemals was anhaben können.[1]


226) Gott straft einen Meineidigen.
Curiosa Sax. 1721–30. S. 162. sq.

Im J. 1728 lebte zu Hirschfeld bei Großenhayn Salomon Radt, ein alter 68jähriger Windmüller, der schon bei 30 Jahren wegen Diebstahl, Mord und andern bösen Thaten vielmal angeklagt worden war und sich durch das Purgatorium hatte retten müssen. So hat er wegen gewaltsamer Erbrechung der Frankenmühle und Ermordung ihres Besitzers im J. 1700 die Tortur ausgestanden, aber nichts bekannt, dann sich noch dreimal wegen Diebstahl losgeschworen, auch einmal seinem leiblichen Sohne wegen geringer Ursache einen Spaten an den Kopf geworfen, und weil seine eigene Frau dazwischen gekommen, hat dieser der Spaten den Arm zerschlagen, woran sie gestorben ist. Endlich ist er im J. 1728 wegen Bestehlung des Wassermüllers Noack zu Hirschfeld der Obrigkeit abermals in die Hände gefallen und hat nachgehends sowohl deswegen,


  1. Nach einer andern Version der Sage (bei Winter a. a. O.) wäre jedoch nicht sein Mühlknappe, sondern ein Jäger der heimliche Liebhaber des Mädchens, das, weil sie am Tage des h. Laurentius geboren worden war, Laurentia hieß, gewesen, von ihrem Vater aber seiner Armuth wegen abgewiesen worden, sie sei vor Angst mitten in der Nacht zur Capelle des h. Laurentius, die zwei Stunden entfernt war, geflüchtet und habe den Heiligen um Rettung gebeten, und diesem habe man das rettende, allzufrühe Krähen des Haushahns zugeschrieben. Dieses Wunders wegen sollen nun auch viele Andere nach jener Capelle gewallfahrt sein und das dankbare Liebespaar – das Mädchen bekam ihren Geliebten noch – demselben eine größere Kirche erbaut haben, da die frühere kleine Capelle dem Zudrang der vielen Pilger nicht mehr genügte; um diese erhoben sich später mehrere Häuser, aus denen zuletzt ein Dorf und nach und nach das durch seinen Jahrmarkt bekannte Lorenzkirchen ward.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_202.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)