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Tod eines Gliedes der churfürstlich sächsischen Linie angezeigt haben. Dieser Mönch war angeblich früher zweimal an dem obersten Simms des Hauptthurms der alten Kreuzkirche an den zwei Ecken der nach dem Walle zugehenden Seite in Stein gehauen; weil aber auf der nach der Seite der Stadt zugewendeten Ecke das Bildniß Christi angebracht war, so dachte man sich unter diesen beiden Mönchsgestalten auch den Teufel und seine Großmutter. Gewöhnlich kam er aus dem sogenannten Mönchsbrunnen auf dem Wilsdruffer Walle heraus, der bis 1726 gestanden hat. Den 22. April 1694 hat er sich auch im königlichen Schlosse als Anzeichen eines hohen Todesfalls sehen lassen (Johann Georg’s IV.); aber auch am 3. October 1698 hat er die Wachen an den Thoren von Altdresden geplagt und erschreckt, so daß sie sich von allen Posten einander zu Hilfe riefen und ein Soldat sich nur dadurch mit Mühe von dem Herabgeworfenwerden in den Graben schützen konnte, daß er sich am Schilderhause festhielt. Den Lieutenant, der die Runde gethan, hat er ebenfalls attakirt, dieser hat aber die Pike gefällt, worauf das Gespenst unsichtbar ward. Hierauf ist ein solcher Lärm entstanden, daß man die Trommel rühren und Niemand mehr die Wache verrichten wollte, wie aus den im Regimentshause an diesem Tage gethanenen Aussagen hervorgeht. Das Volk erzählte sich damals, jener Mönch habe einst die beiden Brüder Churfürst Moritz und August an der Stelle, wo jetzt das Moritzmonument steht, und die davon früher die Horche hieß, behorcht und sei zur Strafe dafür geköpft worden; erscheine aber seitdem als ein der churfürstlichen Familie Unglück verkündender Spukgeist. Ja man dachte sich sogar unter dem Bilde des Gott Vater unter dem Architrav dieses 1553 von Churfürst August auf dem sogenannten Hasenberge errichteten allegorischen Monumentes jenen spukhaften Mönch. Nach einer andern Sage (b. Lothar, Volkssagen. Leipzig 1820 S. 87) wäre aber dieser (graue oder braune) Mönch, der klein von Gestalt und sehr friedsam gewesen, übrigens nur die, so ihn geneckt, bestraft hätte, auch zu andern Gelegenheiten häufig im königlichen Schloß sichtbar

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_104.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)