Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 100.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

konnte, fragte ihn noch zum zweiten und dritten Male dasselbe, und als er endlich mit Nein antwortete, so ging der Geist traurig von dannen. Mittlerweile verlor sich zwar der Lärm und das Poltern, aber der Ritter hielt es auch keine Minute länger zwischen den vier unheimlichen kahlen Wänden des düstern Saales aus, er eilte die Treppe hinab, rief den Wirth und die schlafenden Gäste wach und erzählte, was ihm begegnet war. Nichts half es, daß jener betheuerte, noch nichts von solchem Spuk vernommen zu haben, alle seine Gäste brachen auf, und wollte er nicht allein in dem Gespensterschlosse bleiben, so mußte er ihnen wohl folgen. Er zog also wieder in sein altes Haus zurück und mußte froh sein, daß wenigstens hier noch der alte lebhafte Verkehr blieb, denn in das andere brachte er Niemand mehr, zumal da einige muthige Burschen, welche es über sich genommen hatten, das Schloß zu durchsuchen, ob nicht etwa lebendige Geister dasselbe bewohnten, als sie in einen unbenutzt gebliebenen Keller gekommen und darin eine bisher noch nicht gesehene Thüre entdeckt hatten, die sich jedoch nicht öffnen ließ, zwar die Keckheit gehabt hatten, dieselbe einzuschlagen, aber auch, ehe sie noch in den von derselben verdeckten Raum eingetreten waren, eine schwarze Gestalt auf sich zukommen sahen, die ihnen bei ihrem Leben gebot, sich zu entfernen und nicht die Ruhe der hierher gebannten abgeschiedenen Seelen zu stören. So blieb das Spukhaus manches Jahr lang unbewohnt und verlassen stehen und sein Besitzer ärgerte sich, wenn er es ansah, denn Alles, was er für dasselbe gezahlt und hineingewendet hatte, war verloren, da Niemand es kaufen wollte und er selbst doch auch keinen Gebrauch davon machen konnte. Da begab es sich eines Tages, daß das Wirthshaus wieder von oben bis unten mit Gästen gefüllt war und der Wirth alle, die noch um Herberge baten, fortschicken mußte. Endlich kam auch ein Trompeter des Wegs geritten, der einsprechen wollte und sich nicht abweisen ließ, sondern für sich und sein todtmüdes Roß Labung und Aufnahme verlangte. Nichts half es dem Wirth, daß er seinem neuen Gaste die Unmöglichkeit

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_100.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)