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stumme Kinder durch Gottes Verhängniß nach und nach zur Welt gebracht, wie sich es dann auch in der Erkundigung also befunden. (S. unten S. 124.)


102) Der bärtige Kopf auf der Zahnsgasse.
Hasche, Beschr. v. Dresden Bd. I. S. 116.

Das früher sogenannte Richter’sche Haus (Nr. 16) auf der Zahnsgasse in Altstadt-Dresden trug sonst über dem Portale als Wahrzeichen einen bärtigen Menschenkopf auf einem ausgebreiteten Tuche, dessen Schildhalter zwei Engel waren. Dies war das Haupt Christi, das Tuch aber das Schweißtuch der h. Veronica.


103) Die Gans auf der großen Brüdergasse.
Hasche, Beschr. v. Dresden Bd. I. S. 252. 643. m. Abbild. b. Schäfer Bd. I. S. 197.

An dem zweiten Stocke des Eckhauses der großen Brüdergasse Nr. 7 ist eine fliegende Gans in Stein gehauen mit der angeblichen Unterschrift: Diese Gans hat VII Personen getoedtet. Man erzählt, daß eine Magd im 15. Jahrhundert eine zum Braten fertige und ausgenommene Gans in den Keller gesetzt, eine Kröte (oder Ratte) sei hineingekrochen und am andern Tage, ohne daß es Jemand bemerkt, mitgebraten worden. Die ganze Familie nebst der Magd hat nun davon gegessen und ist noch denselben Tag plötzlich gestorben. Man zeigte ehemals in der großen Halle der Sophienkirche ein sogenanntes Pöllnitzesches Grabmal in Form eines hohen steinernen Bettes, in dem zwei in Lebensgröße ausgehauene Personen lagen, und es berichtete die Sage, daß das Grabmal sich auf jene Familie, die den Namen Schwalbach geführt, bezogen habe. Indessen hat neuerdings Hr. Schäfer die Sache in Abrede gestellt und die Gans für einen Adler erklärt (!) und bemerkt, daß die um das Bild laufende Inschrift laute: DER. ADLER .... GENIME .... DEM. HEBT. VND. IHN. IN. HIMEL. HINAVF. TRÆGT MDLXIII.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_093.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)