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Summe zusammen, um ihm der Stadt Dankbarkeit zu beweisen. Martin aber lebte als Bettler fort und erbaute von dem ihm geschenkten Reichthume die Martinskirche, welche nach ihrem Erbauer auch die Bettelmannskirche genannt ward, und zum Andenken wurden in einem Steine im Innern der Kirche zwei Krücken[1] eingehauen, welche für ewige Zeit an ihren Träger erinnern sollten und noch zu sehen sind.


46) Der Dombrand zu Meißen.
Ebert, der Dom zu Meißen. Meißen 1835. S. 131. Ad. Rempe, Calendarium Saxon. Fol. 117. Ziehnert Bd. III. S. 277.

Am 25sten April des Jahres 1547 stimmten die Domherrn zu Meißen wegen der Gefangennehmung des unglücklichen Churfürsten Johann Friedrich zu Mühlberg den Ambrosianischen Lobgesang bei voller Musik und unter Läutung aller Glocken an. Da schlug bei völlig wolkenleerem Himmel der Blitz in die Domkirche. Der zündende Blitzstrahl fuhr in die vordersten drei hohen prächtigen Hauptthürme, durch das Gewölbe der Kirche in die Orgel, von da in die fürstliche Begräbnißkapelle und hier wieder heraus auf des Domherrn Dr. Hildebrand Günthers, eines berühmten Arztes († 1483) Grab, wo er durch die linke Achsel des auf der messingenen Platte befindlichen Bildnisses eine Oeffnung von Speciesthalergröße machte und hier erlosch. Nichtsdestoweniger brannten die Thürme zusammen, stürzten neben dem Gewölbe herab, zertrümmerten viele der alten Monumente, die Glocken und die Orgelpfeifen zerschmolzen und auch das Kirchdach ging in Feuer auf. Daher kommt es, daß jetzt nur noch ein höckriger Thurm statt dreien übrig ist, in den es übrigens, trotzdem daß er ganz durchsichtig ist, nie regnet,


  1. Die spätere Zeit hat die Krücken für Paniere erklärt, welche bezeichnen sollten, daß unter dem betreffenden Steine die Stiftungs-Urkunde der Kapelle verwahrt sei.
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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_055.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)