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strackte sich die Feder ferner biß an der Päbstlichen Heiligkeit dreyfache Krone und stieß so hart daran, daß sie begunte zu wackeln und wolte ihrer Heiligkeit vom Haupte fallen. Wie sie nun also im Fall ist, däucht mich, ich und E. L. stunden nicht weit davon, strackte auch meine Hand aus, und wolte sie helffen halten: in denselben geschwinden zugreiffen erwachte ich und hielt meinen Arm noch in die Höhe, war ganz erschrocken und auch zornig mit auff den Mönch, daß er seine Feder im Schreiben nicht bescheidener führete. Als ich mich aber recht besann, da war es ein Traum, ich aber war noch voll Schlaffs, gingen mir die Augen bald wieder zu, und ich war wieder fest eingeschlaffen, ehe ichs recht gewahr worden, da ist mir dieser Traum wieder vorkommen, denn ich hatte wider mit den Mönch zu thun, und sahe ihm zu, wie er immer fortschriebe und mit dem Sturtz der Feder stach er immer weiter auff den Löwen zu Rom, und durch den Löwen auff den Pabst, darüber der Löwe so greulich brüllete, daß die gantze Stadt Rom und alle Stände des H. Reichs zulieffen, zu erfahren, was da wäre, und da begehrte Päbstl. Heiligkeit an die Stände, man solte doch den Mönch wehren, und sonderlich mich dieses Frevels berichten. Darüber erwachte ich zum andern mahl, verwunderte mich, daß der Traum wiederkommen war, ließ mich doch so gar nichts anfechten, bat aber, GOtt wolle Päbstl. Heiligkeit für alle Uebel behüten und schlieff also zum dritten mahl wieder ein. Da kam mir der Mönch wider zum dritten mahl vor, und wir bemüheten uns sehr, dieses Mönches Feder zu zerbrechen, und den Pabst hinwegzuleiten, aber je mehr wir uns an der Feder versuchten, je mehr sie starrete und knarrete, daß mir’s im Ohren wehe thät; endlich wurden wir alle so verdrossen und müde darüber, daß wir abließen, und verlohr sich einer nach dem andern, und besorgten uns, der Mönch möchte mehr können, als Brod essen, er möchte uns irgend einen Schaden zufügen. Nichtsdestoweniger ließ ich den Mönch fragen (denn jetzt war ich zu Rom, bald zu Wittenberg), wo er doch zu solcher Feder kommen wäre? und wie es zugehe,

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_005.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)