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ihm auch etwas weniges Kuchen. Die Spielleute pflegen dabei etwas erhaben zu stehen und etliche gute Lieder während des Schenkens zu geigen. Dann muß der Brautdiener mit der Braut, so den Mantel umhat, ein oder zweimal herumtanzen, wobei die Braut den Mantel fallen lassen muß.

Hierauf machen sich die nächsten Verwandten nebst etlichen jungen Gesellen und Jungfrauen bei einem Schmauße noch etliche Stunden im Hochzeitshause lustig und dann schickt man sich zur Heimfahrt an. Die Braut begiebt sich nach beendigter Mahlzeit auf den Boden, allwo sie von ihren Eltern Abschied zu nehmen pflegt. Der Bräutigam aber muß selbst die Braut wieder vom Boden herabholen, und sich bei den Eltern für die Erziehung der Braut bedanken, und hierbei werden die Glückwünsche wiederholt. Dann führt der Bräutigam die Braut zu dem Wagen, auf welchem sie ganz vorn nach den Pferden zu stehen muß und einen Schleier wie auch den Hut des Bräutigams auf dem Haupte haben, was andeuten soll, daß der Mann des Weibes Haupt und sie ihm unterthan sein soll. Dann muß sie ein Glas Bier austrinken und das Glas an die Wand werfen. Der Bräutigam macht nun den Fuhrmann und fährt entweder im Hofe der Brautwohnung oder auf einem bequemen Platze dreimal in einem Zirkel herum, indem die Spielleute auf dem Wagen stehen und geigen. Die die Braut begleitenden jungen Burschen pflegen bisweilen auf geputzten Pferden zu reiten und zu schießen, oder wenn sie zu Fuß gehen, so schreien sie auf dem Wege aus vollem Halse. Außerdem fährt ein Wagen mit, auf welchem der Hausrath, den die Braut mitbringt, nebst einem angelegten Rocken steht. Kommt die Braut nun in das Haus des Bräutigams, so muß sie auf dessen Geheiß in das Ofenloch gucken, dann werden allerhand Glückwünsche dargebracht und noch ein Schmauß abgehalten.

Wenn die Frau niedergekommen ist und das Kind zur Taufe getragen wird, pflegt zuweilen eine erfahrene Frau oder Anverwandte mit der Wöchnerin, ehe das Kind wiedergebracht wird, in allen Kammern herumzugehen.

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 416. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_416.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)