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hellerten zusammen, daß sie noch einmal gehe. Das Burgfräulein gab nun zwar der unklugen Maid noch einmal Wein, aber es sagte ihr auch, sie solle nie wagen, wiederzukommen, der Kuh nütze nicht Muskate und den Bauergurgeln gehöre nicht solcher Wein. Gleichwohl hat sich aber das Mädchen von den durstigen Bauern bereden lassen, gegen ein Trinkgeld noch einmal nach der Ruine hinaufzusteigen, anfangs wollte sich das weiße Fräulein auch trotz allen Rufens nicht zeigen, endlich aber erschien sie traurig und mit verhülltem Angesichte und sprach: „zum letzten Male hast Du von mir Wein erhalten und nie wieder soll ein Menschenkind davon trinken, denn wer der Geister Gaben um Geld verkauft, der ist ihrer nicht werth!“ Damit verschwand das weiße Fräulein. In jener Nacht aber sind Keller und Fässer viele hundert Klaftern tief in die Erde gesunken und werden niemals wieder ans Tageslicht kommen.


103) Die Silberschaumquelle.
S. Bechstein a. a. O. S. 237 fg. Greß. S. 123 fgg.

In einer Wüstung bei Heilingen hütete einst ein junger Schaafhirt und sah mit Staunen, wie sich vor ihm die Erde aufthat, und aus einer Oeffnung ein weißer Schaum herausquoll wie Reif und sich rings um die Oeffnung anlegte. Der Knabe sah dieser Erscheinung lange zu, wußte aber nicht, was er aus derselben machen sollte, und traute sich auch nicht, den Schaum anzufassen. Höchstens störte er mit einem Stöckchen darin herum. Endlich kam der Abend und der Knabe trieb heim und erzählte dem Schaafmeister das, was er gesehen, zeigte ihm auch das weiße Zeug, was noch immer am Stöckchen festhing. Es war aber eitel gediegenes Silber und der Schaafmeister sprach zu ihm: „Schaafe hütest Du und ein Ochse bist Du! Hättest Du das Dir bestimmte Weiße abgeschöpft, so wärest Du weise gewesen und reich geworden!“ Am andern Tage und alle Tage sah sich der kleine Schaafhirt

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_408.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)