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ins Vorderhaus kommt, zugeriegelt war, so wurde doch gedachter Käse in dem Vorderhause hingeschüttet, das Säcklein umgedreht und in dem Käse wie mit Hundspfoten herumgescharrt. Nachts darauf ward wieder so lange in der Schlafkammer am Schranke gekratzt und so wüthend geworfen, daß der Pfarrer aufstand und sich in die Wochenstube seiner Frau retirirte, und dieses sahen nicht weniger als zehn fremde Personen und Hausgenossen mit an. Obgleich nun Niemand mehr in der Kammer war, so dauerte doch das Kratzen und Werfen ärger darin fort als zuvor, worüber die Sechswöchnerin und ihr Kind beide erkrankten. Am 25. August früh ging es an ein erstaunliches Töpfe- und Schüsselnzerbrechen. So warf es vor Aller Augen ein irdenes Handbecken im Vorderhause aufs Steinpflaster nieder, und weil solches nicht völlig in Stücken ging, nahm es das Kindermädchen und stürzte es wieder an seinen gewöhnlichen Ort hin mit den Worten „wir wollen doch zusehen, ob es solches noch einmal nehmen wird!“ und indem sie alle meinten, sie sähen das Handbecken noch an seinem Orte stürzen, ward es in tausend kleinen Stücken ihnen vor die Füße geworfen, ohngeachtet sie nichts davon sahen, bis es an der Erde lag. Neun Töpfe, welche in der obern Küche aufs Topfbret hingestellt waren, wurden im Unterhause vor ihren Augen zerschlagen, und doch sahen sie, die an der Treppe unten standen, weder daß oben die Küchenthüre geöffnet ward, noch daß oben Jemand an der Treppe stand oder dieselbe herabkam, sie hörten blos die Töpfe auf das Pflaster aufschlagen und zerbrechen. Während sie noch da standen, ward von dem Speiseschrank im Vorderhause Quarkkäse bis zur Hausthüre hinaus verzettelt und endlich auch der irdene Napf, worin dieser Käse in dem verriegelten Schranke aufbewahrt worden war, vor ihren Füßen niedergeworfen und zerschmissen, und doch sah Niemand den Speiseschrank aufgehen und überhaupt Napf und Käse nicht eher, als bis sie auf das Steinpflaster auftrafen. Auf den Rath der Aerzte schaffte der Geistliche nunmehr Frau und Kinder nebst einigem Hausgeräthe aus dem

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_364.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)