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Fürstenpaares gewesen waren. Ein zu Anfange dieses Jahrhunderts im Mühlgrunde geschossener Hirsch soll das Wappen Christians und die Jahrzahl 1704 eingebrannt geführt haben.

Ob diese Sage mit dem unterirdischen Gange, der das Nonnenkloster in der Altstadt mit einigen Gebäuden der neuen Stadt verband, wie man jetzt entdeckt hat (s. Back Bd. II. S. 397 fgg.), zusammenhängt, kann ich nicht sagen.


20) Marie Sophie, Herzogin von Eisenberg als Wollespinnerin und die Quarkbemme im Schlosse zu Eisenberg.
S. Back a. a. O. S. 362 fgg.

In einer Kammer neben dem sogenannten Trompeterstübchen im herzogl. Schlosse stand bis zum J. 1805, wo die verwittwete Herzogin Amalia von Gotha das hiesige Schloß als ihren Wittwensitz bezog, ein Spinnrad alter Form, künstlich mit Elfenbein ausgelegt und mit eben solchen Glocken und glockenähnlichen kleinen Zierathen behangen, das Herzog Christian von Eisenberg, ein geschickter Drechsler, seiner zweiten Gemahlin Sophie Marie selbst gedrechselt hatte. Auf dem Gestelle lag ein Stück schwarzes Brod, mit Quark bestrichen, vom Zahn der Zeit sowie von Würmern durchnagt, aber noch ganz. Der Sage nach hatte es aber damit folgende Bewandniß.

Die Herzogin war eine sehr fleißige Hausfrau, die, wenn sie sonst nichts zu thun wußte, Wolle spann, wie viele andere Frauen damaliger Zeit. Besonderes Vergnügen machte es ihr, wenn sie bald bei dem, bald bei jenem Zeugmachermeister sich selbst Wolle holen oder das Garn hintragen konnte. Sie wählte zu diesen Gängen stets die Abendstunden und kleidete sich dann in das Gewand einer armen Bäuerin oder Bürgerin.

Eines Abends im Herbst, wo sie auch ihre Wolle aufgesponnen hatte, beschloß sie eine ähnliche Wanderung zu unternehmen, warf sich in ihre Verkleidung und verhüllt

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_323.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)