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zu Eisenberg ins Verhör genommen und befragt, ob sie das Heinckesche Mädchen verhext habe. Sie leugnet standhaft. Es werden Zeugen über sie vernommen und Ende Septbr. d. J. erkennt der Schöppenstuhl zu Jena, an welchen die Acten eingesendet worden waren, daß zuvörderst wegen der Inquisitin geführten Lebens und Wandels bei Geistlichen, Nachbarn und Andern nachzuforschen sei. Dies geschieht und die Nachforschung fällt zu Gunsten der Angeschuldigten aus. Im Monat Decbr. erkennt, nach anderweitiger Actenversendung der Schöppenstuhl zu Jena, daß Inquisitin in Ermangelung anderer und stärkerer Indicien zu absolviren und zu entbinden sei. Unterdessen kränkelt aber das Mädchen fort. Am 10. Febr. 1687 greift es über sich, schreit: „ich habe sie bei dem Rocke, ich halte sie fest, haltet ein, sie zieht mich aus dem Bette!“ und wird auch wirklich weit mit fortgezogen, sodaß die Eltern und andere Anwesende genug zu halten haben. Da zieht der in der Stube mit anwesende Malergeselle, Johannes Roßbach seinen Säbel heraus, haut in die Gegend, wo das Mädchen hingezogen wird, und sogleich läßt es nach und hat das Kind ein Fleckchen schwarzes Tuch in seiner Hand, ist am Finger ein wenig gestreift und sagt „die Liese hätte sich über sie gebeugt gehabt und wäre mit dem Rocke ihr nahe am Kopfe gewesen, daher habe sie zugegriffen und sie gehalten“. Das Mädchen hatte seit dem 14. April 1686 gelegen, nichts gegessen, wenig getrunken (18 Wochen lang nichts als klares Wasser), ihre Stühle aber hatte sie behalten. Auch der Knabe hatte während dieser Zeit mehrere hundert Male sich übergeben und ähnliche Dinge, wie oben genannt sind, von sich gegeben. Den 11. Febr. 1687 fordert die Landesregierung zu Altenburg die Acten und am 17. Febr. d. J. verlangt der Herzog Christian dieselben gleichfalls. Im März d. J. erkennt der Schöppenstuhl zu Leipzig, an welchen die Acten, wozu noch einige Vernehmungsregistraturen gekommen, gesendet worden waren, daß wider gedachte Papstin dießfalls in Ermangelung kräftigerer und zur Peinlichkeit genugsamer

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_319.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)