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auch tiefe Kenntniß der in der Erde ruhenden Metalle und Edelsteine zuschrieb, erschlagen, und dann ebendaselbst von Landleuten aus der Nachbarschaft begraben worden sein soll.


894) Der Krystallsarg im Kottmarberge.
Winter in d. Const. Z. 1853. Nr. 302. nach Gräve S. 204. sq.

In dem Kottmarwalde bei Kottmarsdorf unweit Löbau findet sich gegen Morgen zu im Felsen ein nischenartiger Einbug, der ehemals eine Thüre gewesen sein soll, die in ein im Felsen befindliches Gewölbe geführt habe, und sich nach der Sage auch jetzt noch zuweilen öffne. Es soll nämlich einst (im 10ten Jhdt.) in dieser Gegend ein Graf ein Schloß besessen haben, dem der Herr nur ein einziges, aber wunderschönes Töchterlein geschenkt hatte. Leider waren aber ihre Aeltern noch wie die Böhmen überhaupt dem blinden Heidenthum ergeben, nur jene Jungfrau war einst von einem durchziehenden Pilger im Christenglauben unterrichtet worden, und der milde Strahl des bessern Lichtes hatte ihr Herz so erwärmt, daß sie selbst ihren Aeltern erklärte, sie werde sich niemals vermählen, sondern nach ihrem einstigen Absterben gen Rom pilgern, sich dort taufen lassen, und ihr Leben dem Himmel weihen. Ihren Aeltern blieb nichts übrig, als sich dem Willen ihrer geliebten Tochter zu fügen, sie wiesen daher alle, die um deren Hand anhielten, von sich, nur Einer, ein vornehmer böhmischer Herr, der aber ein arger Zauberer war, sann auf Rache, wie er das Mägdlein in seine Hände bekommen möge. Nun hatte aber Wiarda – so war ihr Name – von jenem Pilgrim ein silbernes Kreuz bekommen, und war ihr von demselben gesagt worden, so lange sie dieses bei sich trage, könne sie allen Anfechtungen böser Zauberer spotten. Da begab es sich eines Tages, daß die Jungfrau vor dem Schlosse lustwandelte und zufällig das Kreuz zu Hause abgelegt hatte; auf einmal rauschte ein von zwei Greifen gezogener Wagen aus der Luft herab, in welchem jener Zauberer saß, er sprang heraus, ergriff die langersehnte Beute, und eilte mit ihr durch die Lüfte davon. Ihre armen Aeltern

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_303.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)