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und wirft’s weg, damit er sich keinen Schaden thue. Lehmann aber hebt an zu singen: „ach bleib bei uns Herr Jesu Christ“, fährt fort: „Gott der Vater wohn’ uns bei“ und schließt mit dem Verse: „Auf meinen lieben Gott trau ich in aller Noth“. Als sie nun unter dem Gesange an dem Gespenste vorbeigeeilt und dasselbe einen Steinwurf weit überholt, sehen sich die Beiden um und werden gewahr, daß Alles wie leere Funken aus einander fährt und verschwindet, haben auch hernach nichts mehr gemerkt.


870) Das Eierfest auf dem Protschenberge am ersten Osterfeiertage.
S. Dresdner Presse 1874. Nr. 95.

Alljährlich eilt am ersten Osterfeiertage in den Mittags- und ersten Nachmittagsstunden, wenn das Wetter es nur einigermaßen erlaubt, Alt und Jung aus Bautzens Mauern nach dem Protschenberge zum Eierschieben. Die Wege nach der luftigen Höhe, durch parkartige Anlagen und grünende Saatfelder führend, vermögen kaum in der Stunde zwischen 1 und 2 Uhr die frohen Schaaren zu fassen. Der Protschenberg, eine von mächtigen Granitfelsen gebildete Anhöhe am linken Spreeufer, westlich von Bautzens altem Schlosse, der Ortenburg, das Flußthal einschließend, trägt auf seinem Scheitel einen Gottesacker, der als Begräbnißort von der zumeist wendischen Bevölkerung des uralten, an der einstigen vom fernen Osten nach Gallien durch Mitteldeutschland führenden Völkerstraße gelegenen Ortes Seidau benützt wird. Ein stark geneigter, von Gras nur spärlich bewachsener, nach dem rauschenden Gewässer der durch die Industrie dem Menschen sehr dienstbar gewordenen Spree blickender Abhang füllt sich rasch mit Seidauer Knaben und Mädchen verschiedenen Alters, und aus dem Munde dieser in rascher Bewegung auf- und absteigenden Kinderschaaren tönt fortwährend, bald in vereinzelten Stimmen, bald in vollen Chören

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_281.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)