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866) Der Vogelberg bei Gräfenhain.
S. Haupt Bd. I. S. 259 II. S. 111.

Früher stand das bei Königsbrück in der Niederlausitz gelegene Dorf Gräfenhain auf dem nahen Vogelberge, daselbst waren auch zwei Klöster, eines am westlichen, das andere am südlichen Abhange des Berges, welche beide durch einen unterirdischen Gang, welcher mitten durch den kleinen Keulenberg hindurchführte, mit einander in Verbindung standen. Auf dem großen Keulenberg, der jetzt Augustusberg heißt, war früher eine Opferstätte des Radegast, wovon noch die Namen der Städte Radeburg und Radeberg herrühren. Als nun im vorigen Jahrhundert einmal Gräfenhainer Bauern in der Heuernte beschäftigt waren, kam plötzlich eine finstere Wolke daher gebraust, aus ihr regnete es Steine so groß wie eine Mannsfaust, an den benachbarten Bergen aber leuchtete es wie blaue Flammen und dröhnte es wie ferner Donner. Der Sturm schnitt das Gras von der Erde weg, als hätte es ein Scheermesser abgeschoren, die Heuschober wurden aufgehoben und verschwanden in der Luft. Da sagte eine Tagelöhnerin zu ihrem Manne: „Komm, wir wollen nach Hause gehen! hole das Zeug, der jüngste Tag kommt!“ Unerschrocken antwortete ihr dieser: „Du Närrin, wenn der jüngste Tag kommt, brauchen wir das Zeug nicht!“


867) Der Gotschdorfer Heilbrunnen.
S. Haberkorn, Chronik von Camenz, S. 432. Haupt Bd. I. S. 250 u. N. Laus. Mag. Bd. XLIV. S. 4.

Bei Gotschdorf und Neukirch, eine halbe Meile von Königsbrück, war in frühern Zeiten ein heidnischer Götzentempel mit einem heiligen Brunnen. Dieser Tempel wurde später in eine christliche Kirche verwandelt, aber nach wie vor kamen die Leute an gewissen Tagen, um in dem Brunnen zu baden

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_278.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)