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861) Der Schatz im Kirschauer Raubschlosse.
Scholz bei Klar a. a. O. S. 89. sq. Gräve S. 145. sq.

Südlich von Budissin, ohngefähr 2½ Stunde, liegt in reizender Gegend unfern des Dorfes Kirschau auf einer Anhöhe die Ruine der alten Raubburg Kirschau. Am Meisten tritt von den noch vorhandenen Mauerüberresten das Hauptthor nach der Burg hervor, dessen Höhe jetzt freilich kaum noch 4 Ellen beträgt, da die Schwelle wohl eben so tief mit Schutt bedeckt ist. In diesen Ruinen ist es zu Anfange des Frühjahres und Herbstes angeblich nicht ganz geheuer, denn man will zu dieser Zeit dumpfes Gewimmer, starkes Waffengeklirr, heftiges Kettengerassel, aber auch gellendes Gelächter, wilden Sang und lauten Becherklang hier gehört haben. Seltener ist aber etwas zu sehen gewesen, doch haben sich auch furchtbare vermummte Gestalten erblicken lassen, welche im Schlosse die Runde machten, und dann plötzlich wieder verschwanden. Mehr als dies Alles hat schon seit Jahrhunderten die Aufmerksamkeit manches Bewohners der Umgegend ein eiserner Kessel auf sich gezogen, welcher tief unter den Trümmern des alten Raubschlosses ruht, und einen unermeßlichen Reichthum an Gold und Edelsteinen birgt. Obgleich gedachter Schatzkessel von mächtigen Geistern bewacht wird, nämlich von einem schwarzen furchtbaren Ritter mit einem blutrothen Helmbusche auf dem Haupte und einem mächtigen, von Menschenblut rothgefärbtem Schwerte in der Hand, und von einem nimmerschlummernden Falken mit eisernem Schnabel und panzerfestem Gefieder angethan, so ist es doch nicht im Bereiche der Unmöglichkeit, ihn zu heben, und dann zu seinem Nutzen anzuwenden. Derjenige, welcher den Schatz heben will, muß in der Nacht vom 22. zum 23. Februar – Petri Stuhlfeier – geboren sein, am Tage Petri Kettenfeier oder den 1. August in drei auf einander folgenden Jahren das heilige Abendmahl genossen haben, und sich genau die Zauberformel merken, welche ihm in der heiligen Christnacht träumen wird. Dies ist aber noch nicht Alles. Der

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_272.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)