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Paul Sybilski von Wolfsberg (geb. 1677 gest. 1763) war ebenfalls ein arger Zauberer. Den Tag vorher, als er bei Zehren und Lommatzsch (13. Dezember 1745) die preußische Arrieregarde total schlug, und dabei keinen Mann verlor, ließ er sein Regiment zu drei Mann über einen schwarzen Mantel marschiren und rief ihnen zu: „Burschen, wenn Ihr in’s Gefecht kommt, vergeßt nur meinen Namen nicht, es bleibt kein Mann, der Feind verliert einen Großen (den General von Röhl)!“ Vor der Schlacht bei Kollin am 18. Juni 1757 soll er allemal beim neunten Mann jedes Gliedes einige unverständliche Worte gemurmelt und seinen Leuten den Sieg versprochen haben. Der glückliche Erfolg bewahrheitete es, denn sein Regiment erbeutete 9 Fahnen. Da er noch als junger Officier in Polen stand, fand einst in Dresden ein glänzender Maskenball Statt, worüber einer seiner Kameraden äußerte, wie er von Herzen gern demselben beiwohnen möchte, allein es fehle ihm an Geld, auch sei, da der Ball übermorgen beginne, die Zeit zu kurz, selbst wenn man Dr Faust’s Mantel besäße, um zur rechten Zeit daselbst einzutreffen. Sybilski, der es gehört, nahte sich und raunte ihm in’s Ohr: „Geld ist’s wenigste, vertraue mir, Kamerad. Uebermorgen Nachmittags um drei Uhr stelle Dich vor dem Thore bei der großen Fichte ein, wir brechen auf, und sind noch vor dem Beginn der Redoute in Dresden!“ Verblüfft sah ihn der Balllustige an, wollte sprechen, allein Sybilski gebot ihm Stillschweigen und entfernte sich. Zur bestimmten Zeit und Orte erschien der Krieger und fand bald Sybilski, der in seinen rothen Mantel gehüllt angeschritten kam, er schlang selbigen um ihn, befahl ihm, weder rück- noch vorwärts zu blicken, und nun gings fort durch die Luft, als flögen sie davon. Abends Schlag fünf Uhr befanden sie sich in Dresden, hatten noch Zeit genug sich zu sammeln und einen Maskenanzug zu wählen, worauf sie mit jugendlichem Frohsinn der Redoute beiwohnten, am andern Morgen um 9 Uhr Dresden verließen und auf dem Mantelfuhrwerke Mittags um 11 Uhr auf dem Paradeplatz in Warschau probemäßig gekleidet

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_247.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)