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ihr Anliegen vor den verwüsteten Mauern aus. Kaum war das geschehen, so erhielten sie mit dumpfer Stimme den Bescheid, nur bei Sonnenaufgang mit einem Wagen unten am Berge zu halten, da würden sie die Pfanne erhalten. Nach dem Gebrauche sei aber von ihnen ein Silberblechstück und ein kleines Weizenbrod in dieselbe zu legen und wieder an den Ort zu bringen, wo der Empfang stattgefunden habe. Unter diesen Bedingungen stehe ihnen immer die Pfanne zum Leihen bereit. Froh und muntern Schrittes eilten die Abgesandten zu ihren harrenden Freunden zurück, und thaten, wie ihnen gesagt war. Mit Sonnenaufgang hielt ein Wagen am Berge und nahm die ansehnliche Braupfanne, welche allda auf zwei Stücken Holz ruhte, in Empfang. Nach dem Gebrauche legte man ein Silberblechstück und ein Weizenbrod darein und lud am Fuße des Berges das geborgte Braugeräth wieder ab. Gar oft wiederholte sich diese Scene, bis endlich auf einmal die Berggeister erzürnt Steine nach den Abgesandten warfen und die Stiere tödteten, welche die Braupfanne ziehen sollten. Der Grund zu dieser Veränderung war folgender. Einer der Männer, welche die Pfanne zurück nach dem Berge zu schaffen hatten, nahm das Weizenbrod und aß es, und das Silberstück steckte er in die Tasche, die Pfanne aber verunreinigte er und lies davon. Von dieser Zeit an hat Niemand mehr die Pfanne geborgt erhalten, auch Niemand mehr dieselbe zu sehen bekommen.

II. Lange nach jener Zeit, in der die Berggeister die Braupfanne verborgten, arbeitete einst ein Bauer derselbigen Gegend auf seinem Felde in der Nähe des Stromberges; da sah er von Zeit zu Zeit die Berggeister in graue Gewänder gehüllt, runde Kuchen, auf dergleichen Bretern tragend hin- und herlaufen. „Was haben die grauen Männchen nur heute für ein Fest?“ dachte er bei sich selbst, und von Appetit getrieben, rief er laut den Geistern zu: „Laßt mich doch auch mitessen!“ „Wir werden Dir Etwas zukommen lassen,“ rief eins der grauen Männchen, „komme nur in der Mittagsstunde zu jenem großen Steine, der dort im Grünen liegt!“

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_236.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)