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ein Vierteljahr später vom Zittau’schen Gebiete verwiesen, jener Ungetreue aber, der all’ dies bittere Weh herbeigeführt hatte, lebte noch 19 Jahre, und zwar in einer kinderlosen Ehe, von Gewissensbissen und Reue gepeinigt. Auch zu dem Tode seines ältesten Bruders Augustin von Kohlo hatte er mittelbar Veranlassung gegeben. Dieser wohnte nämlich 1579 einem fröhlichen Gelage zu Mostrichen bei Seidenberg bei, wurde hier in einen Streit wegen seines Bruders Verrath an der Geliebten verwickelt, deshalb einen Zweikampf annehmen und fiel in diesem. Für die Stadt Zittau hatte jene grausame Todesstrafe viele nachtheilige Folgen, denn der kaiserliche Hof mißbilligte diese eigenmächtige grausame Verfahrungsweise, der ganze Rath wurde zur Verantwortung gezogen und die Stadt verlor die Obergerichte, die sie erst später durch Bezahlung einer großen Geldsumme wiedererhielt.


817) Die unglückliche Wette in Zittau[1].

C. G. Moraweck, Einige Nachrichten über 100 Denksteine, wovon 32 Kreuzform haben, welche sich in Zittau und der Umgegend an Wegen und öffentlichen Plätzen finden. Zittau, 1854 12. S. 8. Poet. beh. v. Segnitz, Bd. I. S. 216 sq.

Bei dem Bau der Kirche der heiligen Dreifaltigkeit zu Zittau hat unter den Maurern ein Lehrling mit seinem Meister um die Wette gearbeitet, um zu sehen, wer einen Pfeiler der Kirche eher als der andere vollendet haben werde. Beide haben also zu gleicher Zeit angefangen und sich tapfer dazu gehalten, darnach aber ist der Lehrling mit seinem Pfeiler eine ziemliche Zeit eher als der Meister fertig geworden, hat also die Wette vor dem Letztern gewonnen, was diesen dermaßen geärgert hat, daß er den Lehrling, ehe dieser sich es versehen, meuchlings ermordet hat. Zum Lohne dafür ist dem Maurermeister der Kopf mit dem Schwerte vor die Füße gelegt worden. Man bezeichnet noch heute zwei Pfeiler an


  1. Diese Sage wird unter Nr. 824 anders und weitläufiger erzählt worden.
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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_212.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)