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solchen öfters als Geschenk von ihnen gewährten Knäulen nicht das Ende aufsuchen, weil es dann bald zu finden war während der Knaul, ohne daß darnach geforscht wurde, fortwährend aushielt. Ein gleicher Dienst wurde von einem andern Buschweibchen durch eine Schürze voll Laub belohnt, doch als die Hirtin dieses als unnütz weggeworfen hat, und nach Hause gekommen, an ihrer Schürze noch ein Goldstück bemerkt, sieht sie ein, was sie wegwarf, konnte aber das Weggeworfene nicht wiederfinden. Ein am Forste bei Spitzkunnersdorf pflügender Bauer sieht einst die Buschweibchen eifrig mit Anstalten zum Kuchenbacken beschäftigt, und bittet endlich, ihm auch einen solchen zu backen, sie versprachen es, und er fand den Morgen darauf einen schönen Kuchen auf einem Ackerraine.


807) Die Murawa und Mara in der Lausitz.
Schmaler II. S. 268. cf. Liebusch, Skythika S. 272.

Die Murawa ist dasselbe, was man in der deutschen Mythologie den Alp nennt. Man stellt sich denselben in der Gestalt einer Frau vor, die den Menschen im Schlafe peinigt, und sich zuweilen wie eine schwere Last auf ihn legt, daß sie weder athmen noch sprechen können. Sie ist demnach eigentlich eine Nachtwandlerin, erscheint aber auch dann bei Tage, wenn es während des Sonnenscheins regnet. Zu dieser Zeit flattert sie als Schmetterling von aschgrauer Farbe, den man im Wendischen demgemäß auch Khodojta (Hexe) nennt, umher, und nimmt die Gelegenheit wahr, wie sie etwa Jemandem schaden könne. Die Mara dagegen wird bald als Krankheits-, bald als Todesgöttin betrachtet. Sie pflegt sich zu zeigen, wenn eine Seuche einer Ortschaft naht, man kann dieser aber den Eingang wehren, wenn man die Dorfmark mit drei Pflugfurchen umzieht. Auf dem Kotmar- oder Hochberge dagegen erscheint sie in anderer Weise, denn sie soll dort zur Mittagsstunde herumwandeln und Alles fruchtbar und die Kräuter wachsend machen. Daher pflegten die Wenden ehedem Wallfahrten

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_202.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)