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vor ihren Augen verschwunden und die Frevlerhand erkrankt.


806) Das Holzweibchen in der Lausitz.
Gräve S. 56 sq. Preusker, Blicke in die vaterländische Vorzeit. Lpz. 1845. Bd. I. S. 52 sq. (nach Pescheck b. Büsching Bd. I. 147 sq.) Seidemann, Gesch. v. Eschdorf S. 50. sq.

Sowohl die eben genannte böse Frau als das Holzweibchen hat eine große Aehnlichkeit mit der uns schon bekannten Mittagsfrau. In der Zittauer Gegend bei Hainewalde, Dittersbach, Großschönau, Cunnersdorf, Oderwitz erblickt man es oft, wie es in der Gestalt einer kleinen zusammengeschrumpften alten Frau mit runzlichem Gesichte, eine Hocke Holz in einem Korbe auf dem Rücken oder Reißholz in der Schürze tragend auf einen Stock gestützt einher wandelt, oder an Kreuzwegen spinnend oder strickend im Busche sitzt. Wer es häßlich nennt oder gar verspottet, den haucht es an, wovon er Beulen und Geschwüre im Gesichte bekommt, oder hockt ihm, wenn er sich entfernt hat, auf, wovon er lahm wird. Wer es aber lobt oder ihm gar Geschenke reicht, dem vergilt es solche wiederum, schenkt ihm Gespinste oder Strickwaaren, welche sich wunderbar vermehren und Glück und Segen ins Haus bringen. Zuweilen steht man auch ein verwimmertes Männchen Holz aus dem Rücken tragen, und wenn es die Holzhauer unterstützen wollen, ertönt ein schallendes Gelächter und die Armen versinken im Sumpfe. Diesem schlägt die Axt vom Helm, jenem zerspringt das Sägeblatt etc.

Einst hütete eine Kuhhirtin am Buschrande das Vieh und spann, da bittet ein Buschweibchen sie zu kämmen, wofür sie ihr auch eine Spille vollspinnen wolle: Beides geschied. Als nun des Abends die Hirtin das Garn abweist und ein Strähn, ein zweiter, ein dritter geweift und noch mehr vorhanden ist, ruft sie aus: „den Donner, das hat auch gar kein Ende!“ und siehe da, die Unverständige hatte ihren Lohn weg denn das Garn ging bald auf. Ueberhaupt durfte man bei

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_201.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)