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783) Noch eine Sage vom feurigen Hunde auf dem Löbauer Berge.
S. Scholz bei Klar a. a. O. S. 29 sq.

Vor langen Jahren stand am Fuße des Löbauer Berges tief im Gebüsche ein schmuckes Jägerhaus, welches ein gewisser Bischeber als Förster mit seiner Frau bewohnte. Derselbe war aber in der ganzen Umgegend gehaßt und gemieden, denn er war habsüchtig, grob und hart gegen Jeden, der etwas mit ihm zu thun hatte. Seine arme Frau hatte es selbst sehr schlecht bei ihm und fand nicht einmal in seiner Abwesenheit zu Hause einen Trost, denn sie war kinderlos. Vorzüglich war aber sein Haß gegen seinen Schwiegervater, einen reichen Bauer in der Nachbarschaft, gerichtet, weil er sich einbildete, derselbe habe seiner Tochter zu wenig Mitgift gegeben. Nun trug es sich zu, daß ein junger Bürger aus der Stadt Löbau das Herz der zweiten Tochter jenes Bauern gewonnen hatte und daß dieselbe ihm auch ihre Hand zusagte. Bald sollte die Hochzeit stattfinden und Bischeber’s Schwiegervater rüstete sich nur noch, die Mitgift für seine Tochter herbeizuschaffen. Er hatte dazu tausend Goldgülden bestimmt, die er in der Stadt irgendwo ausgeliehen hatte und jetzt zurückerhalten sollte. Er machte sich also eines schönen Morgens mit seinem Geschirr auf, um das Geld aus der Stadt zu holen, erhob es auch und lud es, nachdem er es zuvor in einen kupfernen, mit einem Deckel versehenen, Kessel gethan, auf seinen Wagen und fuhr schon in der Dämmerung den ihm wohlbekannten Weg in sein heimathliches Dörfchen zurück. Allein er sollte dasselbe nicht erreichen, denn der gottvergessene Jägersmann, welcher seines Schwiegervaters Vorhaben und den Tag, wo er es auszuführen dachte, ausgekundschaftet hatte, lauerte ihn im Walde auf, sprang auf den Wagen und tödtete den Nichts ahnenden Greis ohne Mühe. Er hob hierauf den schweren Kessel vom Wagen herab und schleppte ihn auf unbetretenen Wegen in seine Wohnung, die Pferde aber trugen ihren gemordeten Führer von selbst auf

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_175.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)