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sie dann gedäucht gleich ein Märlein, Schwank oder Traum, haben ihn nur verlacht und ihr wüstes Leben fortgesetzt. Diese Geschichte hat der Pfarrer des Ortes nachmals mit Bewilligung des Edelmanns öffentlich von der Kanzel verkündigt, Jobus Fincelius aber, welcher diese Begebenheit aufgezeichnet und in Druck gegeben hat, versichert, ihm sei sowohl der Name des Junkers als auch der Ort der Begebenheit wohl bekannt.


778) Der Teufel verführt eine Magd.
S. Haupt im N. Laus. Mag. Bd. XLIV. S. 1.

Anno 1692 erschien der Teufel einer Magd des Bürgermeisters Klemstein zu Löbau in Gestalt eines grauen Männleins am Bette und überredete sie ihr Kind zu ermorden, was sie auch gethan und mit dem Schwerte gerichtet worden ist.


779) Das Veilchen vom Czorneboh.
Poetisch beh. v. Kockel bei Köhler a. a. O. S. 43. sq.

Als noch das Wendenland im heidnischen Aberglauben versunken war, da verehrten die Sorben einen Götzen, Czorneboh, von dem der Berg den Namen hat, weil er hier oben ein prächtiges Schloß bewohnte. Derselbe hatte aber ein liebliches Töchterlein, das er höher schätzte, als alle seine Schätze. Wie nun aber das Christenthum sein Licht auch in diese Gegend trug, da wußte er, daß sein Reich auf dieser Welt zu Ende war, und als das Kreuz zum ersten Male auf dem Berge erglänzte, da war der Götze zu Stein geworden und mit ihm sein stolzes Schloß, sein reizendes Töchterlein aber ward in ein bescheidenes Veilchen verwandelt. Alle 100 Jahre einmal in der Walpurgisnacht erwacht die Jungfrau zum Leben, und wem es beschieden ist, das Veilchen in diesem Augenblicke zu pflücken, der erhält die holde Jungfrau mit allen Schätzen ihres Vaters.

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_171.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)