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und dort eine Verschwörung angestellt haben soll, die aber von der französischen Polizei entdeckt ward und ihr längere Gefangenschaft und schließlich Verweisung aus Frankreich zuzog. Sie rächte sich an Napoleon’s Kerkermeister Hudson Lowe dadurch, daß sie dessen Portrait auf dem Aborte ihres Schlößchens aufhing.

Alle diese Eigenheiten würden ihr aber hier keinen Platz verschaffen, wäre nicht noch eine andere vielfach bestrittene Sage mit ihrem Leben verbunden gewesen. Man erzählte sich nämlich, sie sei, nachdem sie auch ihren zweiten Gemahl habe vergiften wollen, nur dadurch der weltlichen Gerechtigkeit entgangen, daß sie nach Rom gegangen, dort katholisch geworden sei und vom Papste als Buße auferlegt bekommen habe, von Stund’ an allen Umgang mit ihres Gleichen abzubrechen, zeitlebens in elenden Kleidern einherzugehen und einen Strick um den Hals zu tragen, als eine Galgencandidatin sich auch gefallen zu lassen, daß der damalige Dresdner Scharfrichter Fritzsche jährlich einmal zu beliebiger Zeit zu ihr kommen dürfe und nachsehe, ob sie solchen Strick wirklich trage. Dieses ist nun zwar neuerdings von Ed. M. Oettinger in dem über sie im J. 1865 abgefaßten Romane und in seinem Moniteur des dates, Art. Schönberg (T. VI. p. 33. Anm.), ausdrücklich in Abrede gestellt worden, allein es ist daran doch soviel wahr, daß ich selbst einmal in der Arnold’schen Buchhandlung, welche sie in den 40ger Jahren dieses Jahrhunderts fast täglich besuchte, um dort politische Broschüren zu kaufen und sich mit dem damaligen Besitzer der A. B., Herrn Reimann, den sie sehr gern hatte, zu besprechen, hinter ihr stehend und die Gelegenheit benutzend, daß sie sich bückte, um etwas aufzuheben, ihr in den Nacken sah, wo ich ganz deutlich einen groben hanfenen Strick, der freilich ebensogut ein einfaches Bußinstrument, wie dies bei Katholiken üblich ist, sein konnte, erblickte. Auch Hr. Fritzsche, den ich früher sehr oft sah, bestätigte mir die Sage und ebenso leugnete solches eine gewisse Chr. Brückner († 1872), welche 13 Jahre zu Plauen in ihren Diensten gestanden hatte, mir gegenüber nicht ausdrücklich, als

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_166.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)