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Gelegenheit, in den Keller zu gelangen. Sie setzte ihr Kind auf den Boden der Höhle und raffte die Schätze begierig zusammen. Schreckliches Donnern erschütterte die Erde und trieb die Frau angsterfüllt in’s Freie. Aber als sie sich umsah, war die Höhle geschlossen und kein Eingang wieder zu finden. Die arme Mutter lag bei ihren Schätzen, unbekümmert um deren Werth, denn sie hatte ihr Kind verloren. Doch nach einem Jahre an demselben Tage stand sie wieder am Teufelsfenster. Der Keller that sich auf und auf dem Boden saß ihr Kind und spielte. Die Schätze mochten funkeln und glänzen, die Mutter sah sie nicht, sie erblickte nur ihr Kind und entriß es mit Blitzeschnelle den unterirdischen Mächten.


772) Der Teufel will eine Jungfrau verführen.
S. Haupt, Lausitzer Sagenbuch. Lpzg. 1862. Th. I. S. 108 fgg.

Um das J. 1600 ist der Satan zu einer vornehmen Jungfrau von Adel im Budissiner Kreise in Gestalt eines Weibes gekommen, hat dieselbe im Namen eines großen Herrn geprüft und sie aufgefordert, denselben in einem Busche, nicht weit vom Schlosse, zu besuchen: „der große Herr werde sie reich machen und ihr geben, was ihr Herz wünschen und begehren würde“. Als nun die Jungfrau sich verwunderte und zweifelte, ob es war sein möchte, da hing ihr das Weib im Namen des großen Herrn eine güldene Kette um den Hals. Wie aber das Mägdlein das Geschmeide betrachtet und dabei zufällig zur Erde gesehen, hat sie wahrgenommen, daß dem Weibe eine greuliche Klaue unter dem Rocke hervorragte, ist gewaltig erschrocken und hat in ihrer Herzensangst den Namen Jesus gerufen. Da verschwand das Teufelsweib und die goldene Kette verwandelte sich in lauter schwarze Kohlen, die zur Erde niederfielen, die Jungfrau aber ward bis zum Tod krank. Nach drei Monaten, als sie wieder genesen, ist das Teufelsweib wiedergekommen, mit Grüßen von dem großen Herrn und herrlichem Geschmeide, und wiederum nach

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_162.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)