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nicht die letztere vom Abbrauen noch etwas wärmlich gewesen. Solches hat der Pfarrherr des Ortes mit allen Umständen in Druck ausgehen lassen.


751) Woher das Bautzner Sprichwort kommt: „Zu Bautzen hängt man die Diebe zweimal“.
Lausitzer Magaz. 1772. S. 27.[1]

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts hat sich ein Student aus Polen nach Budissin gewendet und daselbst eine Weile aufgehalten. Weil er nun eines melancholischen Temperamentes war und mitunter mancherlei wahnwitzige Dinge vornahm, so nannte man ihn gemeiniglich den tollen Bartholomäus. Wie es nun zu geschehen pflegt, daß dergleichen tiefsinnige Personen von gewöhnlichen Leuten häufig verspottet werden, so ging es auch mit diesem polnischen Studenten. Als ihn nun einmal ein Schuster, Namens Hienke, wohnhaft an der Seydauer Brücke, nicht wenig verspottet und für ein Paar ihm gefertigte Schuhe die Bezahlung mit großem Ungestüm verlangt hatte, so fragte er den erwähnten Schuster im Eifer, ob er nicht zu seiner Bezahlung dürres Leder annehmen wolle? Der Schuster geht dies ein. Was thut nun der tolle Barthel? Er ersteigt an einem Sonnabend (den 17. Septbr. 1558) um Mitternacht den vor dem Lauenthore befindlichen Galgen, nimmt zwei daran befindliche justificirte Körper, so fast drei Jahre gehangen hatten, davon ab, trägt solche als ein großer und starker Mensch auf seiner Achsel und unter dem einen Arme im Dunkeln über die Viehweide, den h. Geistberg und die Seydauer Brücke an die Drahtmühle, und lehnt sodann den einen Körper an die Hausthüre des obenbenannten Schusters, den andern aber schiebt


  1. Auf diese Sage sowohl, als eine große Anzahl anderer lausitzer Sagen hat mich Herr Dr. Pescheck, der berühmte Verfasser der Geschichte der Gegenreformation in Böhmen etc., aufmerksam gemacht, wofür ich ihm hiermit öffentlich danke.
    Der Verf.     
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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_134.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)