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Die Gedanken des Pfarrers verwirrten sich immer mehr, und es litt ihn nicht mehr am Orte; er mußte sein Schlafgemach verlassen und konnte nie bis an sein Ende wieder darin schlafen.

Die Geschichte ward bald ruchbar im Lande und es wollte sich nach des Pfarrers Tode Niemand zur Verwaltung seines Pfarramts finden lassen, als zu Wittenberg Luther mit seinen 95 neuen Thesen auftrat und viele deutsche Stämme seiner Lehre zufielen. Auch die Bewohner von Brambach, die unterdessen einen jugendlichen Seelenhirten gefunden hatten, neigten sich zu der neuen Lehre hin, welche ihnen der rüstige Pfarrer mit seinen Worten erklärte. Dieser hatte natürlich die Geschichte von dem Teufelsspuk auch gehört und voll von Begeisterung für seinen Glauben wollte er dem Teufel, wenn er käme, auf jegliche Frage Bescheid thun. Er ließ daher sein Bette in die Teufelskammer bringen und schlief darin. Schon in der ersten Nacht erschien der verrufene Besuch und das Examen begann wie bei dem seligen Herrn Pastor. Wiederum frug der Teufel zuletzt: „Wie lehrt man in Deutschland am besten das Christenthum?“ – „Deutsch!“ – rief der junge Pfarrer, so laut und kräftig, im Bewußtsein, daß er das Rechte getroffen, daß der Teufel vor diesem einzigen Worte jach in sich zusammenfuhr. Nachdem er sich von dem Schrecken etwas erholt hatte, bot er dem Pfarrer Versöhnung an und wollte sich mit ihm auf dem Wege des Vertrags abfinden, wenn er ihm verstatten wolle, die Kammer mit zu bewohnen, aber der Pfarrer wollte nichts von ihm wissen. „Hebe dich weg, Satan!“ – rief er mit gottesfreudigem Munde, griff nach seiner Bibel und wollte den Teufel darniederstrecken. Dieser aber fuhr, da er die Kammerthür verschlossen fand, durch die Mauer und floh von dannen. Die Lücke, durch die er hinausfuhr und die Stellen im Kalk, wo er seine Krallen eingedrückt hatte, sollen noch vor ganz kurzer Zeit zu sehen gewesen sein. So siegte Gotteskraft über Teufelsmuth!

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_095.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)