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war es in damaliger Zeit Sitte, daß, wenn ein Pilger zu einer Hochzeit kam, die Braut ihm ihren Teller reichte. Auch Rosamunde stand, als sie die Kunde von dem Pilger vernahm, von ihrem Sitze auf, um der Sitte Genüge zu thun, der Fremde aber stand hinter ihr und warf eine Locke auf ihren Teller, den sie in ihrer Hand hielt. Sie fiel ihm lautschreiend um den Hals: „Stubenberg! mein Stubenberg!“ – Die Ritter flogen von ihren Sitzen empor und starrten erstaunt auf das Paar, der Bräutigam fuhr nach seinem Schwerte und drang auf Otto ein. Dieser aber hatte mittlerweile den Pilgeranzug abgeworfen und es begann ein Kampf auf Tod und Leben um die weinende Rosamunde. Nach wenig Augenblicken lag Herr von Römer todt am Boden.

Der Saal, wo der Kampf ausgefochten ward, ist der sogenannte Fürstensaal im Schlosse Neuendorf. Noch heute sind die Blutflecken auf dem Boden desselben zu sehen. Zur Nachtzeit will man oft darin Schwerterklirren und Todesröcheln vernehmen und noch zu Zeiten soll der Geist des Erstochenen in blutgeflecktem Gewande darin herumgehen.


692) Sage von der Burg Gößwein.
S. Sachsengrün 1861. S. 143.

Dem Dorfe Megwitz am linken Elsterufer gegenüber liegt ein kleineres, Gößwein genannt, das seinen Namen von einer alten Burg hat, die am nahen Waldabhang auf dem felsigen rechten Elsterufer gestanden hat. Um die Mitternacht verläßt ein kopfloser Reiter seine Trümmerburg, macht fast immer denselben Weg, Unheil verkündend, wem er begegnet, und kehrt beim Eintritt des Morgengrauens zu seinem Wohnsitz zurück, wo er einen Schatz bewacht.

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_085.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)