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Sarg rückte immer höher. Da hob man ihn endlich heraus und stellte ihn in ein offenes Gewölbe, wo man die Todtenbahre zu verwahren pflegte. Allmählig verfiel der Sarg und das Gerippe wurde frei und Allen sichtbar. Darüber gingen aber Jahre hin und Viele wußten schon nicht mehr, wie der geheißen, der einst in diesem Leibe gewandelt, aber die Sage ging, daß er immer noch wandere, rastlos und ruhelos. Da wurde zu Thierbach eine Hochzeit gehalten, auf der viele Junge und Alte waren, und das junge Volk spielte ein Pfänderspiel. Es war schon Mitternacht. „Was soll das Pfand thun, das ich in meiner Hand trage?“ fragte eine Stimme. „Es soll den Klapperer vom Kirchhofe hierher tragen!“ erscholl die Antwort. Alles lachte, aber fast unbemerkt war der, dem das Pfand gehörte und der die kecke Dirne liebte, die eine so frevelhaften Wunsch ausgesprochen, zum Kirchhof gegangen, hatte sich mit dem Klapperer beladen und kam bald darauf mit seiner Last angerasselt. Alles schrie auf vor Schreck und Entsetzen, der Bursche aber war stolz auf seine Courage. Mitten in den Lärm der jungen Leute trat aber ein alter Mann und sprach ernste Worte: „gebt dem Klapperer Alle die Hand, und bittet ihn um Verzeihung, daß Ihr ihn gestört, sonst wird Unglück über Euch kommen.“ Zagend thaten die Versammelten, was der Alte gebot, nur ein Mütterlein stand fern, und Thränen zitterten in ihren Augen. „Auch Du, auch Du mußt bitten!“ rief ihr der Alte zu. Und sie schritt zitternd heran, faßte die Knochenhand und flüsterte: „verzeihe, wie ich selber Dir verzeihe!“ Es war die Verlassene. Siehe da lösten sich gleich die Knochenbänder und das Gerippe sank aus einander. Man sammelte und begrub die Knochen und der Klapperer hatte nun Ruhe.


675) Das Diakonat zu Pausa.
Ziehnert Bd. III. S. 284. Daraus (ohne Angabe der Quelle) im Illustr. Familienjournal 1855. Nr. 86. S. 460.

Im Jahre 1572 wurde zu Pausa der erste Diakonus

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_069.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)