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660) Die nackte Frau bei den Schafhäusern bei Oelsnitz.
S. Köhler a. a. O. S. 520.

Mehrere Umwohner haben oft zwischen dem Vorwerk bei Oelsnitz und den Schafhäusern auf einem Feldrande ein nacktes Frauenzimmer umhergehen sehen, welches auf dem linken Arme ein kleines Kind trug. Die Erscheinung verschwand plötzlich und man fand auch, so sehr man suchte, keine Fußspuren der einsam Wandelnden. An dieser Stelle soll eine Mutter ihr Kind umgebracht haben und nun keine Ruhe finden.


661) Die Geldstücke an dem Gemeindeberge bei Oelsnitz.

Eine Frau ging mit ihrer Magd ins Krautblatten auf ein Feld unterhalb des Gemeindeberges. Am hintern Ende befand sich ein Steinhaufen mit einem wilden Rosenstrauche und auf dem Steinhaufen sah die Frau, als sie demselben nahe gekommen war, ein graues Männchen, welches gelbe Stiefeln anhatte, in der einen Hand ein Säckchen trug und mit der andern winkte. Die Frau ging aber nicht hinzu. Am folgenden Tage kam sie wieder auf ihr Feld, um vielleicht etwas Außerordentliches zu sehen. Als sie auf dem Feldrande hingeht, kommt sie an jene Stelle, wo aber das Rosenstöckchen regelrecht herausgestochen war, und auf der entblößten Stelle lagen in der obersten Reihe drei Zwanzigkreuzer, gleich darunter zwei Vierpfennigstücke und zu unterst ein Dreier. Nach einigem Bedenken nimmt sie das Geld und geht nach Hause. Durch ihren Fund gelockt, geht sie am folgenden Tage wieder hinüber und findet genau an derselben Stelle dasselbe Geld und in derselben Ordnung. So geht es eilf Tage fort, da entdeckt sie endlich ihr Glück ihrem Ehemann und aus war’s. Als sie am zwölften Tage hinüberkam, war die Stelle mit Rasen wohl verschlossen und kein Geld mehr zu sehen.

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_057.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)