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gewesen sein, der einst zwei Stäbe, an denen früher in der Esse Würste hingen, in seinen Webstuhl zwängte. Von der Schlichte trieben die Stäbe zur Verwunderung des Webers bald Knospen, worauf sie in den naheliegenden Garten verpflanzt zu den schönsten Pappeln heranwuchsen.


653) Der Todtenweinbach.
S. Jahn, Chronik v. Oelsnitz S. 373.

Ein Bach, der zum obern Bezirke der Voigtländischen Perlenfischerei gehört, ist der Freiberger, auch der Todtenweinbach genannt. Er heißt so nach dem Dorfe Freiberg, das seitwärts von Adorf nach Roßbach gelegen ist, theils nach einer Sage, welche erzählt, daß damals, als König Ferdinand im Schmalkaldischen Kriege über Adorf herein in die Länder des geächteten Churfürsten Johann Friedrich einfiel, an diesem Bache ein mörderisches Gefecht vorfiel, in welchem das Blut stromweise geflossen sein soll. Zum Andenken an dieses schreckliche Ereigniß heißt daher heute noch dieser Bach der Todtenweinbach.


654) Das Menschengerippe in einem Pfeiler der alten Michaeliskirche zu Adorf.
S. Krenkel, Blicke in die Vergangenheit der Stadt Adorf, S. 27.

Das innere Gewölbe der alten 1511 aufgebauten Michaeliskirche zu Adorf ruhte auf einem einzigen Pfeiler, der wie der Kelch einer Tulpe sich nach oben hin entfaltete. Eine mündliche Ueberlieferung berichtet, daß nach dem Brande von 1768 in diesem Pfeiler, welcher hohl war, ein Menschengerippe gefunden worden sei, das man für das des kühnen, aber verzagten Baumeisters gehalten habe. Denn als man allgemein nach Vollendung des Kirchengewölbes einen Zusammensturz befürchtete, traute selbst der Baumeister nicht und verschwand. Eine alte Nachricht sagt: „Und sol solch

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_053.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)