Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 036.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

unbesonnener Flucher. Dieser befahl einem Bauer, der sein Unterthan war, einen sehr großen Baum aus dem Busche nach seinem Schlosse zu bringen. Der arme Mann fuhr zwar mit seinem Wagen hinaus, es fiel ihm aber unmöglich, diese schwere Last aufzuladen. Er stand deshalb in großer Angst, weil er sich fürchtete, er werde von seinem Junker nicht allein gescholten, sondern auch geschlagen werden. Inzwischen kam der Satan in menschlicher Gestalt zu ihm, und fragte, warum er so traurig werde. Der Bauer gab ihm sein Unglück zu erkennen, darauf der Satan zu ihm sagte, er solle sich nicht bekümmern, sondern nur mit seinem ledigen Wagen wieder nach Hause fahren, er wolle seine eigenen Pferde holen und diese Arbeit an seiner Stelle verrichten. Alsbald ging er an’s Werk und zog den gewaltig großen Eichbaum mit der Wurzel aus dem Grunde, legte ihn mit allen Zweigen und Laub daran, wie er ihn ausgerissen hatte, auf seinen Wagen und fuhr damit durch’s Schloßthor, jedoch also, daß der Baum in dem Durchgange dergestalt zusammengeklemmt stecken blieb, daß keine menschliche Gewalt ihn weiter vor- noch hinterwärts bewegen konnte; überdieß war alles Holz hart wie Eisen geworden. Man konnte mit keinem Beile durchhauen und mit keiner Säge durchschneiden. Also mußte dieser unbarmherzige Bösewicht und heillose Flucher seine Pforte gestopft lassen, daß er ferner niemals dadurch weder aus- noch eingehen konnte, sondern mußte eine andere neben dieser machen. Viele tausend Menschen kamen von nah und fern, dieses seltsame Teufelswunderwerk zu sehen und beschauten es mit der äußersten Verwunderung und Schrecken, gaben auch aller Orten offenbare und gerichtliche Zeugnisse der Wahrheit davon, als die es mit ihren eigenen Augen gesehen. Der Baum lag noch zu Ende des 17. Jahrhunderts an derselben Stätte, dahin ihn der böse Geist gebracht hatte. Wenn man mit einem Beil oder Hammer darauf schlug, wie denn von Vielen, die dahin kommen, aus Fürwitz geschah, so flogen Feuerfunken daraus wie aus einem Kieselstein, wenn er an einen Stahl geschlagen

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_036.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)