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auf den heutigen Tag sitzen stumm und steinern die Ritter beim Gelage, halten die Hand am Humpen, ihn zum Munde zu führen, oder strecken die Hand aus, nach dem Würfelspiele zu greifen, ganz sowie vor Jahrhunderten der Zauber sie gefunden.

Mittags an gewissen Tagen des Jahres, zwischen 12 und 1 Uhr, liegt auf den nahen Rasenflächen am vorbeifließenden Freiberger Bache schöne weiße Wäsche auf der Bleiche – die Burgfräulein haben große Wäsche – ringsum ist Alles ruhig, der Wanderer sieht die blanken Linnen, ohne zu wissen, wem sie gehören und warum man an diesem einsamen traulichen Plätzchen Wäsche bleicht. Wehe dem, der etwas davon stiehlt, bringt er’s nicht vor dem Schlusse der Stunde wieder, so geschieht ihm ein Unrecht an Leib und Leben. Einst ging ein Knabe von Rebersreuth gebürtig, den seine Eltern nach Adorf geschickt hatten, zur Mittagszeit nach Hause. Er kannte die Sage noch nicht und war erstaunt, dort eine Menge der schönsten Betttücher, Taschentücher, Hemden etc. auf der Bleiche ausgelegt zu sehen. Er fand sich versucht, ein kleines, mit feinen Spitzen versehenes Taschentuch mitzunehmen. Wie er fortging, wurde dasselbe in seiner Hand immer dünner und dünner, so daß es, als er es zu Hause seiner Mutter einhändigen wollte, nur noch wie Spinnwebe war. Diese, die Gefahr wissend, in welche sich der Knabe durch seine Voreiligkeit gebracht hatte, sandte denselben schleunigst an den Ort zurück mit dem Befehl, das Tuch wieder an seine Stelle zu legen. Der Knabe eilte und erreichte noch vor dem Schlage 1 Uhr die Stelle, legte das Tuch wieder zu der andern Wäsche und sofort war es wieder weiß und dicht wie vorher. Kaum hatte er aber den Rücken gekehrt, so war die ganze Wäsche verschwunden. Die Mittagsstunde war vorüber. Dem Knaben geschah jedoch kein Leid.

Der Kirchner Just von Adorf, der Vater des vor mehreren Jahren verstorbenen Kirchners gleiches Namens, hatte die Gewohnheit, täglich von Adorf bis an’s alte Schloß spatziren zu gehen. Einstmals fand er dort einen alten guten Groschen.

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_031.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)