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„was Säugethier ist, hat rothes Blut“,

oder

„wenn etwas ein Säugethier ist, so hat es rothes Blut“.

Als ich meine Grundlagen der Arithmetik schrieb, hatte ich den Unterschied zwischen Sinn und Bedeutung noch nicht gemacht[1] und daher unter dem Ausdrucke „beurtheilbarer Inhalt“ noch das zusammengefasst, was ich jetzt mit den Wörtern „Gedanke“ und „Wahrheitswerth“ unterscheidend bezeichne. Die dort auf S. 77 gegebene Erklärung billige ich darum ihrem Wortlaute nach nicht mehr ganz, obwohl ich im Wesentlichen noch derselben Meinung bin. Wir können kurz sagen, indem wir „Prädicat“ und „Subject“ im sprachlichen Sinne verstehen: Begriff ist Bedeutung eines Prädicates, Gegenstand ist, was nie die ganze Bedeutung eines Prädicates, wohl aber Bedeutung eines Subjects sein kann. Dabei ist zu bemerken, dass die Wörter „alle“, „jeder“, „kein“, „einige“ vor Begriffswörtern stehen. Wir sprechen in den allgemein und particulär bejahenden und verneinenden Sätzen Beziehungen zwischen Begriffen aus und deuten die besondere Art dieser Beziehung durch jene Wörter an, die also logisch nicht enger mit dem darauf folgenden Begriffsworte zu verbinden, sondern auf den ganzen Satz zu beziehen sind. Man sieht das leicht bei der Verneinung. Wenn in dem Satze

„alle Säugethiere sind Landbewohner“

die Wortverbindung „alle Säugethiere“ das logische Subject zum Prädicate sind Landbewohner ausdrückte, so müsste man, um das Ganze zu verneinen, das Prädicat verneinen: „sind nicht Landbewohner“. Statt dessen ist das „nicht“ vor „alle“ zu setzen, woraus folgt, dass „alle“ logisch zum Prädicate gehört. Dagegen verneinen wir den Satz „der Begriff Säugethier ist untergeordnet dem Begriffe Landbewohner“, indem wir das Prädicat verneinen: „ist nicht untergeordnet dem Begriffe Landbewohner“.

Wenn wir festhalten, dass in meiner Redeweise Ausdrücke wie „der Begriff F“ nicht Begriffe, sondern Gegenstände bezeichnen, so werden die Einwendungen Kerry’s schon grösstentheils

Empfohlene Zitierweise:
: Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, 16. Jahrgang. O. R. Reisland, Leipzig 1892, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottlob_Frege,_Ueber_Begriff_und_Gegenstand,_1892.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.10.2017)
  1. Vgl. meinen Aufsatz über Sinn und Bedeutung in der Zeitschrift f. Phil. u. phil. Kritik.