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Vier ist erfüllt“ den durch die ersten fünf Worte gebildeten Eigennamen durch „Julius Cäsar“ ersetzen, so erhalten wir einen Satz, der einen Sinn hat, aber falsch ist; denn das Erfülltsein, wie das Wort hier verstanden wird, kann in Wahrheit nur von Gegenständen ganz besonderer Art ausgesagt werden, solchen nämlich, welche durch Eigennamen von der Form „der Begriff F“ bezeichnet werden können. Die Worte „der Begriff Quadratwurzel aus Vier“ verhalten sich aber in Hinsicht auf ihre Ersetzbarkeit wesentlich anders als die Worte „eine Quadratwurzel aus Vier“ in unserm ursprünglichen Satze, d. h. die Bedeutungen dieser beiden Wortverbindungen sind wesentlich verschieden.

Was hier an einem Beispiele gezeigt ist, gilt allgemein: der Begriff verhält sich wesentlich prädicativ auch da, wo etwas von ihm ausgesagt wird; folglich kann er dort nur wieder durch einen Begriff, niemals durch einen Gegenstand ersetzt werden. Die Aussage also, welche von einem Begriffe gemacht wird, passt gar nicht auf einen Gegenstand. Die Begriffe zweiter Stufe, unter welche Begriffe fallen, sind wesentlich verschieden von den Begriffen erster Stufe, unter welche Gegenstände fallen. Die Beziehung eines Gegenstandes zu einem Begriffe erster Stufe, unter den er fällt, ist verschieden von der allerdings ähnlichen eines Begriffes erster Stufe zu einem Begriffe zweiter Stufe. Man könnte vielleicht, um dem Unterschiede zugleich mit der Aehnlichkeit gerecht zu werden, sagen, ein Gegenstand falle unter einen Begriff erster Stufe, und ein Begriff falle in einen Begriff zweiter Stufe. Der Unterschied von Begriff und Gegenstand bleibt also in ganzer Schroffheit bestehen.

Hiermit hängt zusammen, was ich im § 53 meiner Grundlagen über meine Gebrauchsweise der Wörter „Eigenschaft“ und „Merkmal“ gesagt habe. Kerry’s Ausführungen veranlassen mich, noch einmal darauf zurückzukommen. Jene Wörter dienen zur Bezeichnung von Beziehungen in Sätzen wie „Φ ist Eigenschaft von Γ“ und „Φ ist Merkmal von Ω“. Nach meiner Redeweise kann etwas zugleich Eigenschaft und Merkmal sein, aber nicht von demselben. Ich nenne die Begriffe, unter die ein Gegenstand fällt, seine Eigenschaften, sodass

Φ zu sein ist eine Eigenschaft von Γ

nur eine andere Wendung ist für

Γ fällt unter den Begriff des Φ“.

Wenn der Gegenstand Γ die Eigenschaften Φ, Χ und Ψ hat, so kann ich diese in Ω zusammenfassen, so dass es dasselbe ist, ob ich sage, Γ habe die Eigenschaft Ω, oder ob ich sage, Γ

Empfohlene Zitierweise:
: Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, 16. Jahrgang. O. R. Reisland, Leipzig 1892, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottlob_Frege,_Ueber_Begriff_und_Gegenstand,_1892.pdf/12&oldid=- (Version vom 1.10.2017)