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Fräulein. Wenn ich ihn nicht selbst gesehn hätte, würd’ ich sagen, ich zweifle.

Adelheid. Den Liebetraut mag der Bischof in Gold einfassen: er hat ein Meisterstück gemacht.

Fräulein. Ich sah ihn, wie er zum Schloß hereinreiten wollte, er saß auf einem Schimmel. Das Pferd scheute wie’s an die Brücke kam, und wollte nicht von der Stelle. Das Volk war aus allen Straßen gelaufen ihn zu sehn. Sie freuten sich über des Pferds Unart. Von allen Seiten ward er gegrüßt, und er dankte allen. Mit einer angenehmen Gleichgültigkeit saß er droben, und mit Schmeicheln und Drohen bracht’ er es endlich zum Thor herein, der Liebetraut mit, und wenig Knechte.

Adelheid. Wie gefällt er dir?

Fräulein. Wie mir nicht leicht ein Mann gefallen hat. Er glich dem Kaiser hier, (Deutet auf Maximilians Porträt.) als wenn er sein Sohn wäre. Die Nase nur etwas kleiner, eben so freundliche lichtbraune Augen, eben so ein blondes schönes Haar, und gewachsen wie eine Puppe. Ein halb trauriger Zug auf seinem Gesicht – ich weiß nicht – gefiel mir so wohl!

Adelheid. Ich bin neugierig ihn zu sehen.

Fräulein. Das wär’ ein Herr für euch.

Adelheid. Närrin!

Fräulein. Kinder und Narren –

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Johann Wolfgang von Goethe: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. Weimar: Hermann Böhlau, 1889, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Goethe_G%C3%B6tz_von_Berlichingen_WA_Bd_8_059.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)