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Mein Schwiegersohn und meine Tochter – sie sollen leben – und die Kinder – Gott behüte sie – sind wohl mit mir zufrieden gewesen. Soll ich nun schreiben, wie mich mein Schwiegersohn und meine Tochter halten – sie sollen leben – ich kann nicht genug davon schreiben. Gott – gelobt sei er – soll es ihnen bezahlen! Sie tun mir in allem alle Ehre der Welt an. Das Beste aus der Schüssel wird mir vorgelegt – mehr als ich mir wünsche und begehre. Ich besorge, daß mir das an meinem Verdienst – wenn ich ein ganz klein wenig habe – Gott behüte, abgezogen werde. Wenn ich zu Mittag zum Essen nicht da bin, man ißt präzise um Glock zwölf – und man sagt zu der Zeit im Bethaus Psalmen für die Seele seiner frommen Mutter Jachet, was gar lang kontinuiert, und vielleicht dauert es bis der Erlöser kommt und es währt eine ganze Stunde lang – komm ich dann aus dem Bethaus heim, dann find ich mein Essen, drei oder vier Gerichte, lauter Leckerbissen, was mir zwar nicht gebührt, so daß ich oft zu meiner Tochter sag: »Laß mir nur ein wenig stehn.« Da antwortet meine Tochter: »Ich kann nicht mehr, noch weniger für Dich tun.« Wie auch die Wahrheit ist, ich bin weit und in vielen Gemeinden gewesen, hab aber nie so eine Haushaltung führen sehn. Jedem wird alles freundlich und in Ehren gegeben, sowohl den Plettengästen als den richtigen Gästen. Gott – er sei gelobt und sein Name sei gelobt – wolle sie nur dabei erhalten, daß sie solches bis zu hundert Jahren in Gesundheit und Frieden, in Reichtum und Ehre ausführen mögen!

Soll ich viel schreiben, was sonst hier passiert oder ob sich die Gemeinde im rechten Weg führt? Also kann ich nichts anderes schreiben als daß, wie ich hierher gekommen bin, es gar eine schöne Gemeinde gewesen ist und gar fromm, und gar eine schöne Gemeindestube ist dagewesen. Und alle Vorsteher wirklich lauter Greise, welche die Gemeindestube wirklich geziert haben. Damals ist in der Gemeindestube keiner gewesen, welcher eine Perrücke aufgehabt hat. Damals hat man nichts davon gewußt, daß man aus der Judengasse vor das öffentliche

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_301.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)