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dient, dieselbe ist bei Reb Sanwil Heckscher gewesen und hat ihn mithaben wollen, falls er sechs- oder siebenhundert Reichstaler Geld bei sich hätte. Ich fürchte, daß mancher, den man verloren hat, mit ihr gegangen ist und ist ums Leben gebracht worden.« So schlägt sich die Frau an den Kopf und sagt: »Um Gottes willen, jetzunder erinnere ich mich daran, die Magd ist auch bei mir gewesen und hat mich oder dich mithaben wollen. Du weißt wohl, was der Wirt für ein Bösewicht ist. Er ist sicher ein Mörder, daß brave fromme Menschen in seinem Haus ums Leben gekommen sind.« So sagt die Frau, welche eine tüchtige Frau gewesen ist: »Nicht ruhen oder rasten, oder es muß an den Tag kommen.« Der Mann sagt zu ihr: »Närrin, und wenn es so wäre, was sollte man tun. Es ist Hamburg, kein Wort dürfte man dazu sagen.« Also ist es etliche Tage dabei geblieben.

Man hat erwirkt, daß der Rat mit Trommelschlag hat ausrufen lassen, daß, wer etwas von dem Juden zu sagen wüßte, es sei, daß er lebe oder tot sei, der soll kommen und es sagen und hundert Dukaten als Belohnung haben und sein Name immer sehr verschwiegen bleiben. Aber es ist niemand gekommen, der etwas gesagt hat.

Also ist es fast vergessen worden, wie die Weltordnung ist. Wenn eine Sache noch so eifrig und wichtig ist, wenn kein Effekt erfolgt, gerät sie in Vergessenheit. Aber die lebendige Witwe und ihre Waisen sind betrübt dagesessen.

Am Sabbat früh im Sommer hat dem Lipmann seine Frau nicht schlafen können. Als wie jener König in Spanien einen Schriftgelehrten gefragt hat, was das auf deutsch heißt: »Hineh lau jonum welau jischon schaumer jissroël.«

Hat der Schriftgelehrte nach dem einfachen Wortsinn verdeutscht: »Er schläft und schlummert nicht, der Hüter von Israel.«

So sagt der König: »Nein, das heißt das nicht auf deutsch. Ich finde, daß es auf deutsch heißt: ,Gott, der Hüter, er läßt nicht schlafen, noch schlummern'. Hätt ich diese

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_223.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)