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vom Hundert geben.« Wer ist froher gewesen als mein Sohn Reb Löb? Er hat solches mit großer Freude angenommen und ist auch sehr fleißig gewesen, und hätt auch gar wohl zurecht kommen können, wenn ihn seine Güte nicht zugrunde gerichtet hätte. Nun durch meine Kundschaft ist er bei Kaufleuten sehr bekannt geworden und hat bei ihnen Kredit gehabt, und er hat fast all das Meinige unter Händen gehabt.

Mein Sohn Reb Josef ist damals ein Junge von vierzehn Jahren gewesen, gar ein feines Kind und hat gar gut gelernt. Also hätt ich ihn gern weggeschickt zum Lernen und hab nicht gewußt, wohin ich ihn schicken sollte.

Also ist ein Lehrer bei Isaak Polak gewesen, ein wackerer junger Mann, der ist ein großer Gelehrter gewesen, von der Lissa. Derselbe hat gehört, daß ich meinen Sohn lernen schicken will. Also ist er zu mir gekommen und hat mit mir geredet, weil er gehört hätte, daß ich meinen Sohn Reb Josef lernen schicken wollte, also sollt ich ihn ihm mitgeben. Er begehrte keinen Heller Kost- oder Lehrgeld. Bis nach zwei Jahren wollte er ihn so weit ausgebildet haben, daß er die Halachah Tossaphoth perfekt lesen sollte. Ich hab mich nach ihm erkundigt, die ganze Welt hat mir zugeraten, und hab also einen Vertrag mit ihm gemacht und ihn im Namen des Gottes Israels mit seinem Rabbi hinein nach der Lissa geschickt. Ich hab auch Briefe von der Lissa von ihm gehabt, von seiner glücklichen Ankunft, wie ich auch wirklich alle Woche Briefe gehabt habe, daß er mit seinem Rabbi wohl zufrieden ist und ernstlich lernt. Ich hab nichts anderes verlangt. Etwa vierzehn Tage nachher schreibt mein Sohn Reb Josef und bittet mich gar sehr, ich möchte doch seinem Lehrer für ein halbes Jahr Kostgeld und Lehrgeld schicken. Wenn ich auch nicht schuldig wäre, es zu tun, so wäre doch jetzt in der Lissa eine große Teuerung, daß sein Lehrer besorgt sein müsse, woher er Geld nehme, und das hinderte sie ein wenig in ihrem Lernen. Aber wenn er die Sorge nicht hätte, so könnten sie desto fleißiger lernen. Er hätte mehr Kinder aus Hamburg; alle schickten ihm Geld und so möchte ich doch auch nicht hinter denen zurückbleiben.

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_218.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)